Nach der Fusion von Talanx und Gerling versetzt der Pariser Konzern den kleineren Versicherern einen weiteren Schlag
Die Übernahme der Schweizer Winterthur durch die französische Axa verstärkt den Konsolidierungsdruck in der deutschen Assekuranz und könnte viele kleine Anbieter in erhebliche Schwierigkeiten bringen. Der Abstand zwischen wenigen Großen und dem Rest wachse immer weiter, sagte ein Manager. Vor allem kleine und mittelgroße Gesellschaften, die nicht über eine geschützte Nische verfügen, geraten unter enormen Druck. „Sie werden perspektivisch bei den Kosten nicht mehr mithalten können“, sagte der Vorstandschef eines mittelgroßen Unternehmens.
Durch den Kauf nimmt die Marktmacht der Axa Deutschland erheblich zu, weil sie künftig auch die Wiesbadener DBV-Winterthur kontrolliert. Der Marktführer Allianz setzt zur gleichen Zeit ein massives Kostensenkungsprogramm durch, die Konzerne Talanx und Gerling vollziehen ihre Großfusion. Hinzu kommt erheblicher Druck der Politik, die bei klassischen Lebensversicherungen Steuervorteile gestrichen hat und mit drastischen Änderungen beim Hauptgeschäft der privaten Krankenversicherer droht.
Die deutsche Assekuranz ist mit weit über Hundert Anbietern enorm zersplittert. Mit der Übernahme von Gerling durch den Talanx-Konzern haben sich jedoch gerade zwei bedeutende Versicherer zusammengeschlossen. Die Axa treibt das Spiel nun weiter. Gemeinsam mit der DBV-Winterthur kommt Axa Deutschland auf Prämienbeiträge von mehr als 10 Mrd. Euro und überrundet damit die R+V Versicherung, den bisher fünftgrößten deutschen Versicherer.
Diese Entwicklungen stellten kleinere und mittlere Gesellschaften vor gravierende Probleme, warnen Branchenkenner. Denn der Konkurrenzkampf innerhalb der deutschen Assekuranz nimmt an Intensität zu. In der Autoversicherung, einer der größten Sparten, findet zurzeit ein dramatischer Preiskrieg statt. Auch in anderen Sparten sinken die Preise. Um konkurrenzfähig bleiben zu können, müssen die Unternehmen die Kosten senken. Eine Strategie: größere Einheiten bilden, um mehr Möglichkeiten zu Einsparungen zu bekommen.
Die mittelgroßen Gesellschaften denken bereits über gemeinsame Plattformen etwa in der Verwaltung nach. Sehr wahrscheinlich sind auch weitere Zusammenschlüsse von Gesellschaften. In der Assekuranz wird erwartet, dass die anstehende Gesundheitsreform eine solche Initialwirkung haben könnte. Private Krankenversicherer müssten sich aus Kostengründen zusammenschließen, wenn durch die Einführung des Gesundheitsfonds das Geschäft mit der Krankenvollversicherung wegbrechen sollte.
Die Axa ist weltweit auf einem aggressiven Wachstumskurs, mit der Entwicklung der deutschen Tochter ist die Pariser Zentrale aber unzufrieden. Erst im vergangenen August hatte sie den Deutschlandchef Claus-Michael Dill wegen der anhaltenden Wachstumsschwäche gegen den Belgier Eugène Teysen ausgewechselt. Teysen will den Vertrieb kräftig ausbauen, im Mittelstand neue Kunden gewinnen und Kosten senken. Der Kauf der DBV-Winterthur dürfte dabei helfen. Axa Deutschland wollte sich zu dem Kauf der Winterthur allerdings nicht äußern. Mit der Übernahme wolle Axa in Deutschland die Position bei Beamten, kleineren und mittleren Unternehmen sowie in der Versicherung von Ärzten stärken, sagte eine Axa-Sprecherin in Paris.
Über das Fortbestehen der Marke DBV Winterthur sei noch nicht entschieden. Auch zur möglichen Streichung von Stellen in Deutschland wollte sich die Sprecherin nicht äußern. Für den gesamten Konzern sieht Winterthur-Chef Leonhard Fischer allerdings keinen anderen Weg, um Kosten zu senken: „Das ist auch mit einem Arbeitsplatzabbau verbunden.“
Axa-Aktien sanken gestern um 1,8 Prozent. Credit Suisse, Verkäufer der Winterthur, gewannen 1,4 Prozent an Wert. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s hob den Ausblick für das „A-„-Rating der Winterthur auf positiv von stabil an. „Die Integration der Winterthur in eine finanzstarke Gruppe sehen wir positiv“, sagte Analystin Hiltrud Besgen.
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Trennung im Guten: Walter Kielholz (r.), Verwaltungsratschef der Credit Suisse, hört Winterthur-Chef Leonhard Fischer zu – Reuters/Sebastian Derungs (2)
Anja Krüger und Bülent Erdogan
Quelle: Financial Times Deutschland
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