Konzern baut bei Versicherung und Dresdner Bank 7500 Arbeitsplätze ab · Verdi kündigt Streiks an
VON Herbert Fromme, Köln,und Angela Maier, Frankfurt Der Allianz-Konzern schließt in Deutschland jede zweite Niederlassung und baut Tausende Stellen ab. Bei dem Versicherer und der Tochter Dresdner Bank werden insgesamt weitere 7500 Vollzeitstellen gestrichen. Mitarbeiter reagierten empört und verwiesen auf den Rekordgewinn des Allianz-Konzerns in Höhe von 4,4 Mrd. Euro nach Steuern für 2005. Die Gewerkschaft Verdi kündigte Streiks gegen die Kürzungspläne an, mehrere Landesregierungen wollen mit dem Konzern verhandeln.
Die Stellenstreichungen sind das Ergebnis eines drastischen Umbaus der deutschen Gesellschaften durch Allianz-Chef Michael Diekmann. Die bisher unabhängig arbeitenden Sparten Sach-, Lebens- und Krankenversicherung wurden faktisch fusioniert, zahlreiche Verwaltungsfunktionen zusammengelegt und zentralisiert. Dadurch würden Kunden besser bedient und Kosten gesenkt, sagte Deutschlandchef Gerhard Rupprecht.
An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Die Allianz-Aktie stieg mit 1,5 Prozent deutlich stärker als der Dax, obwohl die Bekanntgabe von Stellenstreichungen erwartet worden war.
Am Standort Köln, der mit 1108 Vollzeitstellen ganz geschlossen wird, verteidigte Rupprecht vor Hunderten Mitarbeitern die Maßnahme. Es sei „der schwerste Tag seines Berufslebens“, sagte er. Einschließlich Teilzeitkräften sind rund 1800 Mitarbeiter betroffen.
„Wir haben in Deutschland insbesondere im Versicherungsgeschäft kontinuierlich Kunden und Marktanteile verloren“, sagte er vorher auf einer Telefonkonferenz. Wenn das Unternehmen jetzt nicht reagiere, bereite es sich auf einen langsamen Abstieg vor.
Bis Ende 2008 will der Marktführer dafür die Zahl der Stellen bei den deutschen Versicherungstöchtern um weitere 5000 auf 25 000 reduzieren. Eine Kürzung um 700 Stellen bei der neu formierten gemeinsamen Vertriebsgesellschaft hatte die Allianz bereits bekannt gegeben.
Betriebsbedingte Kündigungen sind ab Anfang 2008 möglich. Die Maßnahmen sollen jährliche Einsparungen von 500 bis 600 Mio. Euro bringen. Die einmaligen Kosten betragen laut Allianz 500 Mio. Euro.
11 von 21 Standorten werden geschlossen, sagte Rupprecht. Neben Köln sind das Aachen, Augsburg, Dortmund, Freiburg, Mainz, Mannheim, Nürnberg, Magdeburg und Ulm sowie die Sachversicherung in Hannover und die Lebensversicherung in Frankfurt. In Frankfurt fallen 878 von 1643 Stellen weg.
Bei ihrer Tochter Dresdner Bank streicht die Allianz 2480 Stellen und baut ihre Aufstellung abermals um. Bankchef Herbert Walter will dabei nach seinen Worten ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen, schloss diese gestern aber nicht aus. Erstmals spart die Bank nur in Abwicklungs- und Steuerungsfunktionen, nicht aber im Vertrieb. Walter betonte, die Bank wolle trotz des Stellenabbaus auf Wachstumskurs gehen.
Dabei hat die Allianz der Bank als Ziel gesetzt, 2008 eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von zwölf Prozent zu erreichen. 2005 hatte die Bank die Vorgabe der Allianz, die Kapitalkosten von neun Prozent zu verdienen, nur durch positive Sondereffekte geschafft. Der Betriebsrat der Dresdner stellte sich gestern gegen den Stellenabbau. Die Pläne der Bank führten „zu einer weiteren Demotivation der Kollegen“, sagte die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Claudia Eggert-Lehmann. Seit der Übernahme durch die Allianz im Jahr 2001 hat die jahrelang hoch defizitäre Dresdner 16 000 Arbeitsplätze gestrichen und beschäftigt noch 28 800 Menschen.
Der Dresdner-Vorstandsvorsitzende zeigte sich dagegen zuversichtlich, dass der erneute Umbau sein Institut erstmals seit 2001 auf Wachstumskurs bringt. Die Dresdner fasst ihre komplette Abwicklung und Kreditbearbeitung zu einer neuen Service-Einheit zusammen, was die Kosten senken und die Prozesse beschleunigen soll. Künftig werden zudem die Mittelstandskunden nicht mehr in der Sparte Konzernkunden und Investmentbanking geführt, sondern dem Bereich Privat- und Geschäftskunden zugeschlagen.
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Über die 7500 hinaus fallen weitere 700 schon bekannt gegebene Vollzeitarbeitsplätze bei dem Finanzkonzern weg – fast ausschließlich in Deutschland
Quelle: Financial Times Deutschland
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