Wulf Böttger verlässt nach nur acht Monaten den Finanzdienstleister · AWD holt Nils Frowein, Ex-Finanzvorstand des Rivalen
VON Anja Krüger, Köln,und Herbert Fromme, München In den Führungsetagen der Finanzvertriebe AWD und MLP herrscht große Unruhe, die sich in einer hohen Fluktuation des Spitzenpersonals zeigt. Der frühere MLP-Finanzvorstand Nils Frowein wird denselben Job ab Januar beim Hannoveraner Konkurrenten AWD ausüben und damit die Nachfolge von Ralf Brammer antreten, der sich selbstständig macht, teilte AWD gestern mit. Ebenfalls gestern entließ MLP seinen Vertriebschef Wulf Böttger nach nur acht Monaten im Unternehmen. Der Job wird intern neu besetzt mit Muhyddin Suleiman. Der Deutsche arbeitet seit 14 Jahren für MLP und ist seit 2005 für den Vertrieb in Westdeutschland verantwortlich.
Finanzvertriebe verkaufen für Anbieter Versicherungen, Fonds und andere Finanzverträge und leben von den Provisionen. Der Verkauf über sie ist zwar wegen der vergleichsweise hohen Provisionen teuer. Aber AWD, MLP, DVAG oder OVB sind für die Anbieter wichtige Partner, weil sie für hohe Absatzzahlen sorgen. Zurzeit stockt allerdings auch bei ihnen zumindest im deutschen Markt das Wachstum, vor allem wegen der Flaute der Lebensversicherungen.
„Mit Nils Frowein gewinnt AWD einen ausgewiesenen Kenner der Branche“, sagte AWD-Chef Carsten Maschmeyer, für den Frowein ein alter Bekannter ist: Der Bankkaufmann und Ökonom hatte AWD beim Börsengang im Jahr 2000 beraten, damals als Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft BDO Deutsche Warentreuhand. Frowein hatte MLP überraschend Ende Juni verlassen, obwohl sein Vertrag noch bis März 2009 lief.
Eine besondere Note erhält der Wechsel Froweins durch die jüngste Geschichte der beiden Unternehmen. Nach Angaben aus Unternehmenskreisen hatte AWD-Chef Maschmeyer noch 2006 ernsthaft erwogen, MLP zu übernehmen, und auch schon entsprechende Gespräche geführt. Damals war ihm das Unternehmen aber zu teuer, heißt es in den Kreisen – die Aktie notierte Ende 2006 bei 15,04 Euro. Inzwischen ist MLP billiger: Trotz eines Anstiegs von drei Prozent ging der Wert gestern mit 12,06 Euro aus dem Handel. AWD legte gestern um 5,5 Prozent auf 26,05 Euro zu.
Mit Frowein hat Maschmeyer nicht nur einen bei Analysten respektierten Finanzmann gewonnen, sondern auch einen Manager mit tiefem Einblick in das Konkurrenzunternehmen. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis AWD erneut Annäherungsversuche in Richtung MLP macht.
In den Vorstandsetagen der Finanzvertriebe herrscht hohe Nervosität. Im Inland laufen die Geschäfte zurzeit nicht gut, im Ausland werden die Grenzen der Expansionsmöglichkeiten des Geschäftsmodells immer sichtbarer. MLP hat sich in Großbritannien eine blutige Nase geholt und das Geschäft dort und in Spanien eingestellt, AWD hat sich aus Italien zurückgezogen. Im Gegensatz zu MLP breit aufgestellt ist AWD allerdings in Osteuropa, einer Region mit hohem Wachstumspotenzial.
Im deutschen Markt leiden die Finanzvertriebe ebenso wie die Versicherer unter dem Einbruch des Neugeschäftes in der Lebensversicherung. Sorgen bereiten dürfte dem Führungspersonal vom AWD und MLP auch der neu gegründete Finanzvertrieb Formaxx. Gegründet haben das Unternehmen der ehemalige MLP-Vertriebsvorstand Eugen Bucher und Ralf Steinmeister, der früher bei der SVAG Schweizer Vermögensberatung tätig war. Bucher musste MLP 2006 wegen des schleppenden Absatzes von Altersvorsorgeverträgen verlassen. Jetzt macht er seinem ehemaligen Arbeitgeber Konkurrenz. Innerhalb von fünf Jahren will Formaxx zu den drei größten Finanzvertrieben gehören, sich also auf Augenhöhe mit AWD und MLP bewegen. Im Oktober dieses Jahres startet die Firma mit 300 Vertretern.
Formaxx hat AWD und MLP bereits einige Vertreter abgeworben, darunter mehrere bekannte Namen. MLP bestreitet dagegen, viele Vertreter an Formaxx verloren zu haben. „Die Vermittler, die von uns dorthin gewechselt sind, kann man an einer Hand abzählen“, sagte ein Sprecher. Das überrascht nicht: Wenn überhaupt, dürfte es erst Mitte 2008 zu einer größeren Übertrittswelle kommen. Der Grund: Anfang 2008 tritt die nächste Stufe der Riester-Treppe in Kraft, die Beiträge der Kunden steigen nochmals um rund ein Drittel. Daraus steht den Vertretern bei ihren alten Firmen Provision zu – auf die kaum jemand verzichten wollen wird.
Wulf Böttger, Eugen Buchers Nachfolger bei MLP, konnte das schwächelnde Neugeschäft offenbar nicht in Schwung bringen. Böttgers interne Nachfolge habe den Vorteil, dass kein Bewerber extern gesucht und eingearbeitet werden müsse, sagte ein Sprecher. MLP ist ohnehin noch mit der Suche nach einem Finanzchef beschäftigt.
Zitat:
„Die kann man an einer Hand abzählen“ – Ein MLP-Sprecher über abtrünnige Vertreter –
www.ftd.de/vertrieb
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Vertriebsstruktur auf dem Prüfstand
Quelle: Financial Times Deutschland
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