Die Finanzkrise zeigt, dass das Risikomanagement vieler Banken versagt hat.Der Ruf ist lädiert. Von anderenBranchen können die Banken lernen, wie es besser geht dsfgsd fs
VON Herbert Fromme Anfang September 2007 fand Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann deutliche Worte zur Kreditkrise, die durch zweitrangige US-Hypothekendarlehen – sogenannte Subprime-Mortgages – ausgelöst worden war. Das Risikomanagement kleinerer Institute sei nicht ausreichend gewesen, ein klares Versagen des Managements dieser Häuser, beklagte Ackermann.
Inzwischen ist er sehr viel zurückhaltender. Sein Institut schrieb im ersten Quartal 2008 zum ersten Mal seit der Börsenkrise vor fünf Jahren rote Zahlen. Der Verlust war mit 141 Mio. Euro nicht weltbewegend, aber der Sturz gegenüber dem Vorjahr steil. Damals hatte die Bank einen Gewinn von 2,1 Mrd. Euro gezeigt.
Es ist offensichtlich, dass mit dem Risikomanagement vieler Banken etwas nicht stimmte. Diese Erkenntnis schlug sich allerdings mit großer Verspätung in den Äußerungen der Chefs selbst nieder. „Viele Entscheidungsträger haben ihre Möglichkeiten, den Turbulenzen der Finanzmärkte zu entgehen und die damit verbundenen Risiken erfolgreich zu managen, überschätzt“, sagt die Unternehmensberatung Towers Perrin, die zusammen mit Economist Intelligence Unit weltweit 1400 Entscheidungsträger aus mittleren und großen Unternehmen zu Chancen und Risiken ihrer Strategien befragt hat.
Manager müssten Chancen und Risiken frühzeitig erkennen. „Viele Verantwortliche sind auf diese Herausforderung bislang nur unzureichend vorbereitet“, moniert Michael Kramarsch, Managing Director bei Towers Perrin in Deutschland. „Insgesamt zeigte sich gerade die Finanzbranche in besonderem Maße überzeugt, strategische, operative wie auch finanzielle Risiken erfolgreich bewerten zu können.“ Das Ergebnis lasse vor dem Hintergrund der aktuellen Krise darauf schließen, dass Risiken entweder unterbewertet oder noch nicht erkannt wurden.
Die Probleme im Bankenrisikomanagement gehen weit über das Fehlverhalten einzelner Manager hinaus – die Ursachen liegen im System. So hatten viele der auf Hypotheken beruhenden Wertpapiere ein gutes Rating und erfüllten damit die formalen Kriterien der Risikomanagementsysteme. Die Analysten der Wallstreet-Bank JP Morgan – selbst von der Krise betroffen, aber stabil – machen die unter dem Stichwort Basel II bekannten Regeln für die Eigenkapitalausstattung mitverantwortlich. Die Bewertungen der Ratingagenturen spielten in Basel II als Maßstab für das Kreditrisiko eine große Rolle, kritisieren sie. JP Morgan erwartet, dass die Finanzaufseher die Regeln ändern „und künftig den Urteilen der Ratingagenturen eine geringere Rolle bei der Festlegung des Eigenkapitals zubilligen werden“.
Auch wenn Aufseher und Gesetzgeber die Zügel anziehen, ein zentrales Problem können sie nicht lösen: Das Risikomanagement kann nicht Fehler im Geschäftsmodell korrigieren. Die Fondsgesellschaft T2 Partners beschreibt in einer Kundenpräsentation, warum es zu den exzessiven Darlehensvergaben mit wenig Sicherheiten im Hypothekenmarkt kam. Für Wallstreet-Firmen sei die Ausgabe von forderungsbesicherten Wertpapieren (Asset-Backed Securities, ABS) oder von forderungsunterlegten Anleihen und Verbriefungen (Collaterised Debt Obligations, CDO) hochprofitabel gewesen, erklären die T2-Manager: „Um ABS und CDOs produzieren zu können, brauchte die Wallstreet eine Menge von Darlehen als Rohmaterial. Hypotheken waren eine schnelle, einfache und hochvolumige Quelle.“ Deshalb habe die Wallstreet die Ausdehnung von Hypotheken auf immer höhere Anteile am Hauswert und an Kunden mit immer schlechterer Bonität gefördert – schließlich landeten die Risiken später zum großen Teil bei anderen.
Wer als Risikomanager in der Boomphase dieses Geschäfts seinen Job ernst genommen hätte, hätte auf einer grundlegenden Änderung des Geschäftsmodells bestehen müssen. In Zeiten, in denen Anleger von den Geldhäusern Renditen mit dem dreifachen Satz der Kapitalkosten verlangten, kaum ein Erfolg versprechendes Unterfangen.
Die Banken brauchen einen Neuanfang beim Risikomanagement und müssen dabei auch besser mit einem Hauptrisiko umgehen lernen, dem Reputationsrisiko. Dabei können sie viel von anderen Branchen lernen, zum Beispiel den Lebensmittelherstellern. Ihr guter Ruf bestimmt ähnlich wie bei den Banken zum größten Teil den Geschäftserfolg. Auch hier gilt, dass wenige schwarze Schafe eine gesamte Branche in Verruf bringen können. „Verunreinigtes Fleisch, Dioxin in Lebensmitteln, all das erzeugt einen gigantischen Schaden weit über das betroffene Unternehmen hinaus“, sagt Günter Meier von der Unternehmensberatung Funk RMCE, die zum Versicherungsmakler Funk gehört. „Die größten Schwierigkeiten schaffen die Kollateralschäden bei anderen Unternehmen“, sagt Meier. Das Risikomanagement in der Branche sei hochkomplex und umfasse die Kontrollsysteme über Produktion und Logistik ebenso wie gut vorbereitete Krisenkonzepte. Meier leitet einen Arbeitskreis von Risikomanagern aus der Ernährungsindustrie. Die Idee ist, dass Risikomanagement nicht nur Krisen vermeiden oder bewältigen soll, sondern Teil der Unternehmensführung sein muss – genau das, was den Banken fehlte.
Zitat:
“ „Viele Verantwortlichesind bislang nur unzureichend vorbereitet“ “ – Michael Kramarsch, Towers Perrin –
Quelle: Financial Times Deutschland
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