FTD-Interview mit Auslandschef Nick Walsh
Von Herbert Fromme, Köln
Der angeschlagene US-Versicherer American International Group (AIG) hat eine große Informationskampagne für Kunden aus Industrie und Gewerbe sowie Versicherungsmakler begonnen. „Der entscheidende Punkt ist jetzt, wie wir mit unseren Kunden kommunizieren und ob wir Zugang zu ihnen bekommen“, sagte Nicolas Walsh, Chef für das gesamte Auslandsgeschäft der AIG in der Schaden- und Unfallversicherung. „Unser neuer Konzernchef Edward Liddy hat sehr deutlich klargestellt, dass die Schaden- und Unfallversicherung sowie die Lebensversicherung Kern des Unternehmens sind und Kern der künftigen Gruppe, die aus dieser Situation erwächst“, sagte Walsh in einem Telefoninterview mit der FTD. Diese „Kronjuwelen“ stünden nicht zur Disposition.
Der Versicherer musste am vergangenen Dienstag den amerikanischen Staat um Hilfe bitten und konnte sich nur durch eine Kreditlinie von 85 Mrd. $ der Federal Reserve vor der Insolvenz retten. Verhoben hatte sich das Unternehmen mit der Absicherung von Kreditderivaten, die auf Immobilien beruhen. Das eigentliche Versicherungsgeschäft gilt als gesund. Dennoch erwartet die Branche den raschen Verkauf von Teilen, schon allein weil der Regierungskredit knapp 10 Mrd. $ an Zinsen jährlich kostet.
Die Versicherer der AIG seien hoch kapitalisiert und hätten ein sehr gutes Rating, sagte Walsh. „Ich verstehe Kunden und Makler, die sich nach Alternativen umsehen“, sagte er. Das sei in Zeiten der Unsicherheit normal. „Es kann auch sein, dass wir den einen oder anderen Kunden für das kommende Jahr nicht gewinnen.“ Er rechne aber damit, den größten Teil des Geschäfts zu halten, sagte Walsh.
Die größte Herausforderung sei jetzt, die Mitarbeiter zu halten, sagte Walsh. „Wenn man sich ansieht, wer eine solche Krise überlebt hat und wer nicht, dann war der zentrale Faktor immer, ob sie das Personal halten konnten oder nicht.“ Bisher gebe es keine Abwanderungsbewegung. „Unsere Leute sind unglaublich stolz, für AIG zu arbeiten, und sind gleichzeitig verletzt durch die Ereignisse.“ Nur wenn es gelinge, diesen Stolz auch nach außen zu zeigen, könne AIG gewinnen. Die Tatsache, dass die US-Regierung jetzt knapp 80 Prozent der Gruppe kontrolliere, werde sich nicht negativ auswirken. „Die Regierung mischt sich nicht in den Versicherungsbetrieb ein.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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