Risikovorsorge ist zwar teuer. Wer aber an Mitarbeiterschulungen,Überwachungskameras oder Brandschutztoren nicht spart, profitiert später vonbeachtlichen Rabatten der Versicherer
Wer hätte damit rechnen können? Ein Nagetier machte sich im Keller des Maschinenbaubetriebs am Kabelwerk zu schaffen und löste einen Kurzschluss aus. Das Rechenzentrum war drei Tage lahm gelegt, weil die IT-Mitarbeiter auf einen solchen Vorfall nicht vorbereitet waren. Den Totalausfall der Computer hatten sie nie geprobt. Bis die Techniker alles repariert hatten, stand die Produktion still, die Auslieferung auch. Der Kontakt zu den Kunden war größtenteils abgeschnitten.
Der Schaden war immens. Dabei wäre es für die Mitarbeiter des Maschinenbauers so einfach gewesen, den Kurzschluss zu verhindern. Zum Beispiel, indem sie die Kabel mit einer sogenannten Bewehrung, einer Schutzschicht gegen Ratten- und Marderbisse versehen.
Für Firmen wird immer wichtiger, sich gegen Gefahren wie technische Pannen, Feuer oder Verkehrsunfälle zu rüsten. Doch wenigen ist das bisher klar. „Gerade im Mittelstand unternehmen viele Betriebe wenig bis gar nichts, wenn es darum geht, Gefahren zu minimieren“, sagt Christian Els, Geschäftsführer der Unternehmensberatung SMR, einer Tochter des Maklers Gobert, Gossler & Wolters.
Nur etwa 15 Prozent der Schäden sind versicherbar, schätzt Els. Deswegen ist ein gut funktionierendes Risikomanagement mindestens genauso wichtig wie der Einkauf von Policen gegen Elektroschäden, Feuer oder Betrug. Die Kunst besteht darin, Versicherungsmanagement und Prävention miteinander zu verbinden.
Doch gerade daran hapert es bei vielen Mittelständlern. Laut einer Studie von Gobert, Gossler & Wolters sind 26 Prozent der mittelständischen Unternehmen auf den Ernstfall nicht ausreichend vorbereitet. „Vielen ist es schlicht zu teuer, oder sie sehen keinen Nutzen in einer systematischen Gefahrenprävention“, sagt Els. Oft ist die Einschätzung von Risiken auch Sache des Chefs oder der Vorstandsmitglieder. Sie sind aber mit ihren alltäglichen Aufgaben so ausgelastet, dass sie Brandschutz oder IT-Sicherheit vernachlässigen.
Stattdessen verlassen sich die Führungskräfte darauf, dass im Schadenfall der Versicherer die Kosten für die abgebrannte Lagerhalle oder die beschädigten Computer übernimmt. Doch auch hier haben viele Unternehmen nicht ausreichend vorgesorgt. „Gerade bei seltenen, aber schwerwiegenden Gefahren schließen die Einkäufer häufig Policen mit viel zu geringen Deckungssummen ab“, sagt Hendrik Löffler, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Funk RMCE. Das ist fatal. Denn gerade solche Schäden können für einen mittelständischen Betrieb existenzbedrohend sein. Ein Großunternehmen hat nach einem Brand die Möglichkeit, die Fertigung in ein anderes Werk zu verlagern. Für einen Mittelständler mit nur einer Produktionsstätte kann eine lange Betriebsunterbrechung aber das Aus bedeuten. Zu den Risiken, die einen Betriebin den Ruin trieben können, gehören nach Löfflers Ansicht nach auch Produkthaftpflicht und Rückruf.
„Unternehmen sollten prüfen, wie viel Risiko sie selbst tragen können“, sagt Löffler. Er rät deswegen, für Kleinschäden selbst aufzukommen und stattdessen mehr in Versicherungen zu investieren, die Großschäden decken. Damit lassen sich die Sachversicherungskosten verringern. Er nennt ein Beispiel: Ein mittelständisches Unternehmen mit 500 Mitarbeitern hatte bislang 480 000 Euro für Policen ausgegeben. Nachdem es die Selbstbehalte angepasst und die Deckungssummen für Großschäden erhöht hatte, konnte der Betrieb seine Ausgaben für Prämien um insgesamt 150 000 Euro reduzieren.
Um hohe Versicherungskosten im Transport zu vermeiden, bietet der Versicherer Axa seinen Kunden ein Flottenrisikomanagement an. Häufen sich Rangierschäden oder Verkehrsunfälle, überprüft er die Flotte genau, um die Ursachen zu finden. Gleichzeitig machen die Spezialisten Lösungsvorschläge, wie künftig Unfälle vermieden werden können. Manchmal reichen schon technische Neuerungen wie Abstandswarner aus.
Der Versicherer organisiert Workshops für Angestellte, die besonders viele Unfälle verursachen, und übt mit Lkw-Fahrern rückwärts einparken. „Das Risikomanagement hilft beiden Seiten“, sagt Uwe Hüholt, Leiter der Abteilung Flottenversicherung. Die Axa habe weniger Schäden, und der Kunde könne seine Ausgaben unterhalb des Selbstbehalts reduzieren. „Außerdem können Firmen erreichen, dass ihre Prämien durch Risikomanagement sogar sinken“, sagt Hüholt.
Wer in Mitarbeiterschulungen, Brandschutztore oder eine Kameraüberwachung investiert, wird von seinem Versicherer mit Prämienrabatten belohnt. „Dabei können bis zu 40 Prozent Ermäßigung rausspringen“, sagt Gregor Kleinen, Gruppenleiter in der Abteilung Industriefeuerversicherung bei der Gothaer. Der Versicherer schickt Brandschutzingenieure in die Unternehmen, die prüfen, ob die Feuerlöscher gewartet werden oder genügend Hydranten angebracht sind. Dann suchen sie gemeinsam mit dem Kunden nach Verbesserungsmöglichkeiten.
Genauso wichtig sei aber ein durchdachter Notfallplan, sagt Els von SMR. Deswegen spielt er mit Kunden mögliche Gefahrensituationen nach, um auszuarbeiten, wer im Ernstfall für welche Bereiche zuständig ist.
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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