Laut Aktiengesetz müssen Vorstände künftig für einen Teil des Schadens selbstaufkommen, den sie verschuldet haben
Künftig wird es für Vorstände von Aktiengesellschaften sehr teuer, wenn ihr Berufshaftpflichtversicherer für eine Pflichtverletzung aufkommen muss. Sie sollen dann mindestens zehn Prozent des Schadens bis zu einer Höhe des 1,5-Fachen ihrer festen Jahresbezüge selbst zahlen.
Der Bundestag hat mit dem neuen Aktiengesetz en passant für Vorstände die obligatorische Eigenbeteiligung eingeführt. Mit der sogenannten Directors‘ and Officers‘ Liability (D&O) schützen Firmen ihre Führungskräfte gegen Schadensersatzansprüche, die das Unternehmen selbst oder Dritte an die Entscheider wegen einer Pflichtverletzung stellen können. In der Regel schließen die Betriebe die Policen ab und zahlen sie. Auch Aufsichtsräte fallen unter den Schutz der Verträge. Für sie gilt der obligatorische Selbstbehalt nicht. Für Geschäftsführer von GmbHs ist er ebenfalls nicht vorgeschrieben. „Noch gibt es mehr Fragen als Antworten“, sagt Hartmut Mai, D&O-Experte der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), einer Tochter des Allianz-Konzerns. Unklar ist etwa, ob die Regelung auch für Töchter von Dax-Konzernen, Niederlassungen ausländischer Gesellschaften oder Auslandsfirmen deutscher Unternehmen gilt.
„Die Nervosität bei Managern ist groß“, weiß der Düsseldorfer Versicherungsmakler Michael Hendricks. Viele fürchten, dass sie auch zur Kasse gebeten werden, wenn ein Anspruch gestellt, aber nicht durchgesetzt wird. D&O-Versicherer haben für Manager auch eine Rechtsschutzfunktion, sie tragen die Anwalts- und Gerichtskosten. Wird ein Anspruch abgewehrt, wird keine Eigenbeteiligung fällig, sagt Hendricks. Er rät Managern, die Frage des Selbstbehalts nicht in der Police zu regeln, sondern im Anstellungsvertrag. Damit können sich Entscheider Klarheit darüber verschaffen, dass sie bei einem Vergleich nicht dieselbe Eigenbeteiligung zahlen müssen wie bei einer durchgesetzten Forderung.
Die Idee der Zuzahlung im Schadensfall ist nicht neu. Der Corporate Governance Kodex, der Knigge für kapitalmarktnahe Unternehmen, empfahl schon lange einen „angemessenen Selbstbehalt“, definierte aber nicht, was darunter zu verstehen ist. Bislang waren die vereinbarten Eigenbeteiligungen meistens niedrig. Jetzt hat die Kommission ihre Grundsätze an die gesetzlichen Vorgaben angepasst.
Manager konnten das Risiko, bei einem Schaden bluten zu müssen, immer schon versichern. Noch sind diese Verträge ein absolutes Nischenprodukt. Makler Hendricks schätzt, dass es in Deutschland 200 bis 300 abgeschlossene Selbstbehaltsversicherungen gibt. „Das wird sich radikal ändern“, glaubt er.
Davon gehen auch Versicherer aus. Die Zurich arbeitet bereits an einem Konzept für entsprechende Policen. „Die Haftungssituation hat sich nicht geändert. Es ist Wunsch der Vorstände, dass sich die Deckungssituation auch nicht ändert“, sagt Nicole Weyerstall, D&O-Expertin von der Zurich. Das Gesetz richte sich an Unternehmen, nicht an Privatpersonen. „Personen ist es nicht verboten, das Risiko zu versichern“, betont sie. Vorstände müssen diese Verträge selbst bezahlen. „Die Höhe der Prämien wird vom individuellen Risiko abhängen“, sagt Weyerstall. Das bedeutet auch, dass Manager sich vor dem Abschluss einer eingehenden persönlichen Risikoprüfung unterziehen müssen.
Andere Anbieter sind zurückhaltender. „Aus unserer Sicht gibt es noch keine Rechtssicherheit, ob das versicherbar ist“, sagt Bernhard Wiemann vom US-Anbieter Chubb. Das Unternehmen wartet ab, wie sich die Konkurrenz verhält. „Sollte es Rechtssicherheit geben, sind wir dabei“, kündigt er an.
Möglicherweise bieten Versicherer die Selbstbehaltsdeckung nur in Verbindung mit einer Unternehmens-D&O an, sagt AGSC-Mann Mai. „Versicherer könnten die Policen für Manager als Akquisitionsgelegenheit nutzen, um auch die D&O-Police des Unternehmens zu bekommen“, sagt er.
Die Eigenbeteiligungspolicen sind umstritten. „So eine Versicherung hat ein Geschmäckle“, findet Rechtsanwalt Fabian Volz von der Kanzlei Heisse Kursawe Eversheds. Sein Rat an Manager: das Festgehalt zu drücken, etwa durch Umwandlung fester in variable Vergütungsteile, um im Schadenfall weniger zahlen zu müssen.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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