Nach welchen Kriterien Fami- lienunternehmer entscheiden
Von Patrick Hagen
Heute ist klar, dass die ganze Aktion ein Fehler war: Der deutsche Familienkonzern hatte vor Jahren eine Zwischenholding in der Schweiz gegründet – aus steuerlichen Gründen. Als die Konstruktion nach einigen Jahren ausgedient hatte, musste der Unternehmer feststellen, dass die Entscheidung nicht so einfach rückgängig zu machen war. Es wären hohe Steuernachzahlungen in der Schweiz angefallen. Das ist kein Einzelfall, sagt Rainer Kirchdörfer von der Kanzlei Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz, die vor allem für Familienunternehmen tätig ist. Denn Steuergesetze ändern sich häufig.
Zwar gehört der alles bestimmende Patriarch langsam, aber sicher der Vergangenheit an. Trotzdem treffen Familienunternehmen Entscheidungen immer noch anders als kapitalmarktorientierte Großkonzerne. Das gilt auch für das Thema Steuern. So spielt etwa die Höhe der Ertragssteuern eine sehr viel größere Rolle als bei nicht familiengeführten Unternehmen, sagt Kirchdörfer.
Das kann zur Gefahr für den Betrieb werden: Familienunternehmen planen häufig auf lange Sicht, gleichzeitig ändern sich in kaum einem Rechtsgebiet die Vorschriften so schnell wie im Steuerrecht. „Bei steuerlich determinierten Entscheidungen muss ein Unternehmer immer mitprüfen, was ihn die Rückabwicklung kostet“, empfiehlt daher Kirchdörfer.
Mittelstandsexperte Norbert Winkeljohann vom Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater PricewaterhouseCoopers kann die Steuerfixierung deutscher Mittelständler zwar nachvollziehen, da ihre Steuerlast seiner Meinung nach in der Vergangenheit sehr hoch gewesen ist. „In manchen Fällen verstellt die steuerliche Überoptimierung von Unternehmensstrukturen den Blick auf betriebswirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen“, sagt er.
Risiko genauer im Blick
Nicht nur beim Thema Steuern ticken Familienunternehmen anders. Entscheidungswege sind kürzer. Vieles wandert über den Tisch des Unternehmers und wird direkt entschieden. Dadurch können die Firmen flexibler und schneller reagieren. Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren bereits einiges verändert, sagt Winkeljohann. „Die Entscheidungsprozesse sind fundierter geworden“, sagt er. „Ab einer gewissen Größe kann man Unternehmen heute nicht mehr aus dem Bauch führen“, sagt Winkeljohann. Dafür haben auch Basel II und die strengeren Regeln für Banken bei der Kreditvergabe gesorgt. Fast alle größeren Familienunternehmen haben mittlerweile mehrere Führungsebenen.
Wie entschieden wird, hängt vor allem davon ab, wie viel Familienkapital im Unternehmen gebunden ist, sagt Götz Walter von BDE-Consulting, einem Unternehmensberater, spezialisiert auf mittelgroße inhabergeführte Unternehmen. „Entscheidungen werden deutlich risikosensibler getroffen, wenn das Familienvermögen betroffen ist“, sagt Walter.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo