Finanzvertrieb beschert Mutter Swiss Life doppelt so hohes Minus wie 2008 ·Firma kämpft mit Finanzkrise und strengerer Regulierung
Von Herbert Fromme, Köln
Der Finanzvertrieb AWD hat im abgelaufenen Jahr ein hohes Defizit eingefahren. Nach Informationen der FTD wird AWD für 2009 bei der Mutter Swiss Life einen Verlust von 92 Mio. Schweizer Franken (63 Mio. Euro) vor Zinsen und Steuern (Ebit) abliefern. Damit ist das Defizit mehr als doppelt so hoch wie der Verlust von 41 Mio. Franken, mit dem AWD schon 2008 die Swiss-Life-Zahlen belastete. Im Jahr 2007 hatte das Unternehmen noch ein positives Ebit von 83 Mio. Euro nach deutschem Bilanzstandard erwirtschaftet.
Die tiefroten Zahlen der deutschen Vertriebstochter tragen zu einer insgesamt unerfreulichen Entwicklung für Swiss Life bei. Das Unternehmen wird seinen Aktionären für 2009 nur 2,50 Franken Dividende zahlen, hieß es in Schweizer Assekuranzkreisen. Im Jahr davor waren es noch 5 Franken. Swiss Life und AWD wollten zu den Informationen keine Stellung nehmen.
Die Entwicklung zeigt die Krise, in der Vertriebsorganisationen wie AWD stecken: Das Unternehmen verkauft mit selbstständigen Handelsvertretern Versicherungen und Kapitalanlagen. Das Geschäftsmodell beruht auf hohen Provisionen – und kommt von mehreren Seiten unter Druck: Die EU-Länder haben Beratungs-, Protokollierungs- und Ausbildungspflichten deutlich verschärft, und die Kunden sind angesichts der Finanzkrise sehr zurückhaltend. Hinzu kommt, dass AWD und andere Vertriebe wie MLP bei dem einzigen 2009 gut laufenden Geschäft, der kurzfristigen Geldanlage bei Lebensversicherern, keine Rolle spielten.
Der AWD-Gründer und langjährige Chef Carsten Maschmeyer hatte die Firma 2007 an Swiss Life verkauft. Der Schweizer Lebensversicherer war auf der Suche nach neuen Vertriebskanälen und zahlte insgesamt 1,7 Mrd. Franken. Er hat AWD immer noch mit 1,3 Mrd. Franken in der Bilanz. Die schlechten Zahlen könnten Swiss Life zu einer Abschreibung zwingen. Bislang geht Swiss Life aber von der Werthaltigkeit aus und stützt sich dabei auf die Wirtschaftsprüfer PwC.
Unter der neuen Führung von Vorstandschef Manfred Behrens tut sich AWD schwer, an alte Erfolge anzuknüpfen. Der Rückgang der Vertreterzahl von 5900 Ende 2008 auf 5342 Ende 2009 spricht Bände. Der Umsatz brach im selben Zeitraum um 16 Prozent von 633 Mio. Euro auf 528 Mio. Euro ein.
AWD legt seine Bilanzzahlen zeitgleich mit der Mutter Swiss Life am 30. März vor. Allerdings unterscheiden sich die nach dem deutschen Standard HGB gezeigten Werte von denen, die Swiss Life in seine Rechnungslegung einfließen lässt. Denn dort gelten Schweizer Bilanzregeln, die eher internationalen Standards und dem US-System entsprechen. So meldete AWD nach deutschem HGB-Standard für 2008 noch einen Ebit-Gewinn von 20 Mio. Euro, während sich in den Büchern der Schweizer Mutter schon ein Verlust von 41 Mio. Franken zeigte.
Doch wird für 2009 der Negativwert von 92 Mio. Franken auch in Euro und nach deutscher Rechnungslegung AWD einen Verlust bescheren – den ersten in der Unternehmensgeschichte.
Swiss Life hatte schon im Dezember 2009 angekündigt, dass bei AWD hohe Millionenbeträge für Umstrukturierungen sowie als Rückstellungen für mögliche Belastungen aus Österreich nötig sind. Dort werfen Verbraucherschützer AWD Falschberatung wegen der Vermittlung von Aktien einer dubiosen Firma vor und führen eine Sammelklage.
In unternehmensnahen Kreisen hieß es, Behrens habe es 2009 nicht vermocht, die Wende bei AWD herbeizuführen. Jetzt habe er im Abschluss für das Jahr alle möglichen Verluste verarbeitet, damit 2010 deutlich besser aussieht. Allerdings seien die Umsatzzahlen der ersten zwei Monate nicht ermutigend.
Quelle: Financial Times Deutschland
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