Brüsseler Kommission legt Pläne für Insolvenzfonds vor · Neueste Version vonSolvency II bringt nur wenig Erleichterung
Von Herbert Fromme, Köln,
und Reinhard Hönighaus, Brüssel
Die EU-Kommission treibt ihre Pläne für einen europaweiten Insolvenzschutz für Versicherte voran. Nach dem Willen von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sollen Versicherungsunternehmen in allen EU-Staaten künftig 1,2 Prozent ihrer Beitragseinnahmen in einem Sicherungssystem vorhalten. Dies geht aus einem der FTD vorliegenden Fahrplan hervor, den Barnier am Montag vorlegen will.
Demnach müssten allein die deutschen Versicherer in den kommenden zehn Jahren rund 2 Mrd. Euro Eurobeiseitelegen. Damit sollen Kunden und Geschädigte besser gegen mögliche Pleiten geschützt werden. Barnier zielt allerdings weniger auf Deutschland ab als auf jene 13 EU-Staaten, die bisher überhaupt keinen Insolvenzschutz haben. Die Krise hatte gezeigt, dass Versicherer nicht immun gegen finanzielle Belastungen und Insolvenzen sind.
In Deutschland existiert seit dem Absturz der Mannheimer Leben 2003 die Auffanggesellschaft Protektor der Lebensversicherer. Die privaten Krankenversicherungen haben mit Medicator eine ähnliche Gesellschaft. Diese müssten nach Barniers Plänen in einer Sicherungseinrichtung aufgehen, in die künftig auch Schadenversicherer einzahlen.
„Die Ausdehnung der Insolvenzsicherungspflicht auf das Schadengeschäft sehen wir kritisch, da die Policen dort anders als in der Lebensversicherung keine langfristige Vorsorgekomponente haben,“ sagte Jörg von Fürstenwerth, Chef des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Die finanziellen Vorgaben würden aber deutschen Versicherern kaum Probleme machen, da Protektor mit etwa einem Prozent der Beitragssumme ausgestattet sei, hieß es in Versicherungskreisen.
In der von dem Insolvenzschutz abgekoppelten Frage der künftigen Kapitalausstattung für Versicherer sind Aufseher und die EU der Assekuranz etwas entgegengekommen. In Kernpunkten der neuen Kapitalregeln Solvency II liegen ihre Vorstellungen aber noch quer zu den Wünschen der Branche. Das geht aus den Anforderungen der EU für die fünfte und letzte quantitative Auswirkungsstudie (QIS) hervor. So benötigen Versicherer weniger Kapital für Anlagen in Pfandbriefe als ursprünglich geplant.
Ab August werden Versicherer ihre Daten eingeben. Bis November wird QIS 5 abgeschlossen. 2011 will die Komission auf Grundlage dieses letzten Testlaufs und einer Diskussion mit der Branche die endgültigen Parameter festlegen.
Die Versicherer fürchten, dass die neuen Regeln zu hohem Kapitalbedarf führen. Das System ist komplex und teuer. Nach einem öffentlichen Schlagabtausch über die in der Testphase QIS 4 angewandten Parameter versucht die Branche jetzt, die Diskussion ruhig zu halten. Der GDV erklärte, die Parameter wiesen in die richtige Richtung. Einzelne Baustellen blieben bestehen, sagte eine Sprecherin. „Insbesondere für die Bestimmung der Zinsstrukturkurve wurde noch kein stimmiges Konzept gefunden.“ Die Zinsannahmen für die kommenden 135 Jahre, die Versicherer zur Grundlage für ihre Risikoberechnungen machen, sind der Knackpunkt für die deutschen Lebensversicherer.
Bleiben diese Werte so wie jetzt vorgestellt, benötigen sie deutlich mehr Eigenkapital und müssen ihre Renditezusagen überdenken.
Der Rückversicherer Munich Re sieht Solvency II weiterhin positiv. „Vieles ist gut, vieles ist noch ein Stück weit weg von der Abbildung der ökonomischen Realität“, sagte Finanzchef Jörg Schneider der FTD. Trotzdem sei es richtig, mit der Umsetzung von Solvency II voranzugehen. „Man darf nicht übersehen, dass dies eine revolutionäre Änderung der Aufsicht ist“, sagte Schneider weiter. „Das ist ein Kraftakt, der unter Schmerzen zustande kommt. „
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Quelle: Financial Times Deutschland
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