Umstrittene Millionenansprüche durch Arcandor und IKB · Ex-Banker Ortseifenwohl ohne Deckung
Von Herbert Fromme
und Anja Krüger, Köln
Große Industrieversicherer bereiten sich auf heftige juristische Auseinandersetzungen über Großschäden vor, die aus der Finanzkrise erwachsen sind und den Beginn einer Schadenwelle markieren könnten. Teuer wird für die Versicherer mit hoher Wahrscheinlichkeit die Karstadt-Pleite: Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg hat Thomas Middelhoff, Ex-Chef der Karstadt-Mutter Arcandor, und weitere Vorstände Anfang Juli auf 175 Mio. Euro Schadensersatz verklagt.
Für seine Vorstände hatte Arcandor eine Managerhaftpflichtversicherung abgeschlossen, wegen ihrer angelsächsischen Wurzeln auch Directors and Officers Liability (D&O) genannt. Das D&O-Risiko bei Arcandor liegt nach FTD-Informationen bei einem Konsortium unter Führung der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), dem Industrieversicherer des Münchner Konzerns. Außerdem sind Chartis (früher AIG), Zurich und XL an der Grunddeckung von 25 Mio. Euro beteiligt. Möglicherweise hat Arcandor noch weitere Deckungen für Schäden über 25 Mio. Euro abgeschlossen. Im deutschen Markt ist es üblich, dass Gesellschaften zu Einzeldeckungen keine Auskunft geben.
Auch die Mittelstandsbank IKB hatte eine D&O-Police für ihre Vorstände. Hier soll die Allianz-Versicherung beteiligt sein, eine Schwester der AGCS. Allerdings kann das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom Mittwoch gegen den Ex-IKB-Chef Stefan Ortseifen die Versicherer entlasten – und für Ortseifen den Ruin bedeuten.
Das Gericht hatte ihn wegen Marktmanipulation zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Nach dem Urteil wird die IKB sehr wahrscheinlich Schadensersatzansprüche an Ortseifen stellen, der Aufsichtsrat des Instituts hat kaum eine Wahl.
Die D&O-Versicherer der Bank werden aber infolge des Urteils die Zahlung wohl ablehnen. „Das Schönste, das dem D&O-Versicherer passieren kann, ist ein strafrechtliches Urteil“, sagte der auf D&O-Verträge spezialisierte Düsseldorfer Versicherungsmakler Michael Hendricks. Wie bei Untreue und Betrug ist bei Börsenkursmanipulation von einer vollen Vorsatztat auszugehen.
Je nach Vertrag zahlen die Versicherer zwar bei bestimmten Vorsatzdelikten, etwa bei der Rechtsfigur des „billigend in Kauf nehmen“. Kriminelle Handlungen decken die Versicherer aber nicht – das wäre auch sittenwidrig.
Die rechtliche Aufarbeitung der Finanzkrise geht in Deutschland sehr viel langsamer voran als in den USA. Deshalb fürchten Versicherer, dass sich hierzulande die Welle von Ansprüchen erst noch aufbaut, die jenseits des Atlantiks schon wieder abflacht. Dort wurden 2009 auf Bundesebene 178 Sammelklagen wegen Wertpapiervergehen eingereicht, 20 Prozent weniger als im Vorjahr. Im ersten Quartal 2010 ging die Zahl auf 38 zurück, 2009 waren es 51.
Quelle: Financial Times Deutschland
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