Halbjahresgewinn steigt trotz hoher Lasten aus Katastrophen · Konzern hält sich im Kerngeschäft zurück
Von Herbert Fromme, München
Deutlich bessere Kapitalerträge haben dafür gesorgt, dass der weltgrößte Rückversicherer Munich Re im ersten Halbjahr 1,19 Mrd. Euro verdient hat. Das war sogar mehr als die 1,13 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum – obwohl die Gesellschaft 2010 mit hohen Katastrophenschäden fertig werden musste und die Preise weiterhin im Keller sind.
Finanzchef Jörg Schneider meldete Kapitalerträge von 5,1 Mrd. Euro, verglichen mit 3,6 Mrd. Euro im Jahr zuvor. Das Unternehmen verkaufte höher verzinste Pfandbriefe, Unternehmens- und Staatsanleihen und konnte damit wegen der heute niedrigen Zinsen Kasse machen. Außerdem waren 2010 im Gegensatz zum Krisenjahr 2009 kaum Abschreibungen fällig. Die hohe Rendite von annualisiert 5,3 Prozent im ersten Halbjahr sei aber nicht hochrechenbar für das volle Jahr, sagte Schneider.
Mittelfristig erwartet der Konzern wegen der Zinsen eher schwächere Kapitalerträge. In Aktien hat er nur 3,8 Prozent von insgesamt 197 Mrd. Euro Anlagen investiert.
Trotzdem glaubt Konzernchef Nikolaus von Bomhard an einen Gewinn von mehr als 2 Mrd. Euro für 2010. „Das ist ambitioniert, aber zu schaffen“, sagte er. Im vollen Jahr 2009 hatte Munich Re noch 2,6 Mrd. Euro verdient.
Munich Re versichert andere Versicherer gegen Großschäden, macht aber auch selbst mit Endkunden Geschäfte. Im Kerngeschäft Rückversicherung hat das Unternehmen mit Katastrophen zu kämpfen. Das Erdbeben in Chile sorgte für einen Schaden von 1 Mrd. Dollar. Das ist der drittgrößte der Firmengeschichte nach dem Anschlag auf das World Trade Center 2001 und dem Sturm Katrina im Jahr 2005.
Dagegen fällt die Belastung durch die Katastrophe im Golf von Mexiko gering aus, weil sie nur zum kleinen Teil versichert war. Die Explosion der Bohrplattform „Deepwater Horizon“ kostet die Münchener nicht mehr als 60 Mio. Euro, sagte Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek.
Die Schaden- und Kostenquote in der Rückversicherung verschlechterte sich von 97,9 Prozent auf 106,4 Prozent der Beitragseinnahmen – für jeden Euro Prämie in der Rückversicherung musste Munich Re 1,06 Euro für Schäden, Vertriebs- und Verwaltungskosten ausgeben. Und es kann noch schlimmer kommen: Die warmen Wassertemperaturen im Atlantik deuten auf eine lebendige Hurrikansaison hin.
Außerdem steigen die Preise in der Rückversicherung nicht, wie lange erwartet, sondern fallen weiter. Kein Wunder, dass sich das Unternehmen aus bestimmten Geschäften zurückzieht: In der Rückversicherung von Schaden- und Unfallrisiken (Autos, Industrie, Haftpflicht, Gebäude) verlor Munich Re rund sechs Prozent Volumen, auch der Marktanteil ging zurück, sagte der zuständige Vorstand Torsten Jeworrek. „Das ist auch gut so“, fügte er hinzu. Angesichts der schwachen Preisentwicklung wolle man nicht zulegen.
Auf die Markenumstellung der Tochter Ergo in Düsseldorf sind von Bomhard und Ergo-Chef Torsten Oletzky stolz. Sie verlaufe hervorragend. Der Konzern schließt die Marken Hamburg-Mannheimer und Victoria und arbeitet künftig im Wesentlichen als Ergo Versicherungen. Die Victoria Lebensversicherung bleibt als Gesellschaft bestehen, nimmt aber keine Neukunden mehr an.
Bei den Vertrieben hatte das Management den heftigsten Widerstand befürchtet. Doch hier komme die Umgestaltung sehr gut an, sagte Oletzky. Heute habe Ergo mehr Vertreter als vor einem Jahr.
Oletzky gestand ein, dass der plötzliche Strategieschwenk zu einem Glaubwürdigkeitsproblem führen könnte – bis 2009 hatten er und Munich Re stets die Mehrmarkenstrategie hochgehalten. „Wir haben das sehr gut begründen können“, sagte er. „Die Rahmenbedingungen haben sich verändert.“
Ergo erzielte einen Gewinn von 164 Mio. Euro in den ersten sechs Monaten, verglichen mit einem Verlust von 19 Mio. Euro im Vorjahr.
Die Prämieneinnahmen der gesamten Munich Re stiegen um 9,3 Prozent auf 22,6 Mrd. Euro, getrieben zum Teil durch Währungseffekte sowie durch hohe Steigerungen in der Lebensrückversicherung.
Quelle: Financial Times Deutschland
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