Demenz führt oft zum Verlust des Versicherungsschutzes. Betroffene sollten Klauseln prüfen
Die Zahl der Demenzkranken ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Etwa 1,2 Millionen Menschen sind in Deutschland von der Erkrankung betroffen. Die steigende Zahl der Patienten hat offensichtlich zu einem Umdenken innerhalb der Versicherungsbranche geführt. „Vor wenigen Jahren noch galten Demenzerkrankte automatisch als nicht versicherungsfähig“, sagt Bärbel Schönhof, Rechtsanwältin und zweite Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Seit einigen Jahren spricht sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft jedoch nicht mehr explizit für einen automatischen Ausschluss aus.
Viele Versicherungen behalten sich jedoch weiterhin vor, restriktive Klauseln in ihren Verträgen aufzulisten. Die R+V Versicherung stellt etwa fest, dass der Versicherungsschutz in der Unfallversicherung „mit der Feststellung der Schwer- oder Schwerstpflegebedürftigkeit“ erlischt. Auch die Allianz sieht bei ihrer Unfallversicherung Einschränkungen vor: Der Schutz besteht nicht mehr, wenn eine durch die Krankheit bedingte „Geistes- oder Bewusstseinsstörung nachweislich Ursache für einen Unfall ist“.
Arno Schubach, Fachanwalt für Versicherungsrecht, rät dazu, auf etwaige Ausschlussklauseln zu achten. Denn falls der Versicherungsschutz erlischt, müssen Betroffene auch keine Beiträge mehr zahlen. Schönhof von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft empfiehlt generell, die jeweiligen Versicherer möglichst schnell über eine Demenzdiagnose zu unterrichten. In vielen Fällen können die Betroffenen dann durchaus Versicherungskunde bleiben, aber meistens steigt die Prämie.
Versicherungsrechtlich spielt bei Demenzkranken die sogenannte Deliktsunfähigkeit eine große Rolle. Als deliktsunfähig gelten Kinder bis zu ihrem siebten Lebensjahr und Personen, die sich im „Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit“ befinden. Dann kann ein Versicherter nicht zur Verantwortung gezogen werden. Das heißt: Wenn der verwirrte Großvater auf die Straße läuft und einen Fahrradfahrer zu Fall bringt, hat dieser keinen Anspruch auf Schadensersatz.
Dennoch empfehlen Alzheimerberatungsstellen, für Demenzkranke weiterhin eine private Haftpflichtpolice zu halten. Sie beinhaltet eine wichtige Rechtsschutzfunktion: „Im Falle eines Falles wehrt die Versicherung den unberechtigten Anspruch des Geschädigten ab“, so eine Sprecherin der Allianz.
Bei der Kfz-Haftpflichtversicherung dagegen sieht das Straßenverkehrsgesetz vor, dass der Autohalter und damit der Versicherer trotz möglicherweise bestehender Deliktsunfähigkeit haftet. Die Schadensumme können die Gesellschaften jedoch von dem Demenzkranken zurückfordern, falls sie vorher nicht über die Erkrankung unterrichtet worden sind.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo