Regierungen rangeln mit Finanzbranche um Bedingungen für Griechenland-Hilfe// Merkel dämpft Erwartungen
Reinhard Hönighaus, Rolf Lebert, Frankfurt, Thomas Steinmann, Berlin, und Herbert Fromme, Köln
Die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und weiterer EU-Staaten haben Banken und Versicherer zu Gesprächen über deren Beitrag zur Rettungsaktion für Griechenland zusammengetrommelt. In Frankfurt trafen Beamte des Bundesfinanzministeriums gestern Vertreter von Deutscher Bank, Commerzbank, DZ Bank, HVB, WestLB, Landesbank Baden-Württemberg, WGZ, Deka-Bank, HSH Nordbank, Allianz und Munich Re. Ähnliche Diskussionen laufen in Frankreich und den Niederlanden.
Welchen Beitrag die Finanzwirtschaft europaweit leistet, soll bis zum nächsten EU-Finanzministertreffen am 3. Juli ausgehandelt sein. Laut Teilnehmerkreisen geht es um konkrete Summen, die Investoren für ein zweites Rettungspaket für Griechenland aufbringen sollen, indem sie auslaufende griechische Anleihen in neue umtauschen. Umstritten ist, ob sie dafür staatliche Anreize bekommen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dämpfte gestern die Erwartungen aus ihrer eigenen Regierungskoalition an den Beitrag des privaten Sektors. Der Ruf nach der Beteiligung der Gläubiger sei eine „Außenseiterposition“ in der EU, die neben Deutschland nur die Niederlande und Finnland vertreten, sagte Merkel im Europaausschuss des Bundestags. Es sei bereits ein „riesiger Erfolg“ gewesen, Frankreich ins Boot zu holen.
Die ursprüngliche Hoffnung, dass private Gläubiger bis zu 30 Mrd. Euro zu einem bis zu 120 Mrd. Euro schweren Hilfspaket beisteuern, kann die Bundesregierung somit kaum aufrechterhalten. Banken und Versicherer haben ihre Griechen-Anleihen bereits stark abgebaut, sodass sie nicht mehr so viele alte in neue tauschen könnten. Deutsche Banken hielten Ende März noch 9,9 Mrd. Euro, deutsche Versicherer 2,8 Mrd. Euro – je etwa halb so viel wie im Jahr zuvor.
Die Kanzlerin warnte davor, Druck auszuüben. „Eine erzwungene Beteiligung würde ein Credit-Event auslösen“, sagte sie. Wenn Ratingagenturen eine Gläubigerbeteiligung als Zahlungsausfall werten und Kreditausfallswaps (CDS) fällig würden, drohe Ansteckungsgefahr für andere Länder. „Niemand auf der Welt weiß, wo die CDS liegen“, sagte Merkel.
Die Banken- und Versicherungswirtschaft hielt sich gestern bedeckt. Anfang der Woche hatten Bankenvertreter noch lautstark Bürgschaften für eine Tauschaktion gefordert. Ein Banker sagte, man könne alte Anleihen zu einem Vorzugskupon in neue wechseln, die dann staatlich garantiert würden. „Das ist die einzige Möglichkeit, wenn wir Abschreibungen vermeiden wollen, die wieder mit Staatshilfen kompensiert werden müssten.“
Der Rückversicherer Munich Re wollte keine Stellung nehmen. Die Allianz verwies auf einen Vorschlag von Vorstand Paul Achleitner, der eine Kreditversicherung für Staatsanleihen auf EU-Ebene ins Gespräch gebracht hatte. „Die Versicherungswirtschaft hat natürlich ein starkes Interesse an einem stabilen Kapitalmarkt“, sagte eine Sprecherin.
Schlecht in Erinnerung sind Absprachen aus dem Jahr 2010, als die Versicherer sich in ein Euro-Rettungskonzept einbinden ließen. „Kurz danach verkauften französische Gesellschaften in großem Stil Staatsanleihen von unsicheren Euro-Staaten“, sagte ein frustrierter Manager. „Wenn unsere Branche noch einmal mitmachen soll, muss ein europäischer Geleitzug auch wirklich stehen.“
Warten auf nächste Schritte19
Quelle: Financial Times Deutschland
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