Beluga-Erbe bläst zur Attacke

Resteverwerter der kollabierten Schwergutreederei will schwache Rivalen aufkaufen // FTD-Gespräch

Patrick Hagen , Köln

Der US-Finanzinvestor Oaktree startet seine Schwergutreederei Hansa Heavy Lift (HHL) mit einer Kampfansage an die Konkurrenz: „Wir sind bereit, die Rolle des Konsolidierers zu spielen“, betonte Oaktree-Manager und HHL-Geschäftsführer Roger Iliffe im FTD-Gespräch. Das Private-Equity-Unternehmen hatte HHL Anfang Juni aus den Resten des kollabierten Bremer Schifffahrtsunternehmens Beluga gegründet und plant nun Zukäufe.

Der Markt für Schwergut und Projektladung, auf den HHL sich genauso wie vorher Beluga spezialisiert hat, steht unter Druck. Die in der Sparte tätigen Reedereien transportieren extrem schwere und sperrige Ladung wie Kraftwerksteile, Turbinen oder Jachten. Das Geschäft lässt sich zurzeit aber kaum profitabel betreiben. Auch HHL schreibt unter dem Strich noch rote Zahlen. „Vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen sind wir schon positiv“, sagte Iliffe. Die Branche leidet wie die Containerschifffahrt unter Überkapazitäten. „Es gibt einfach zu viele Schiffe“, so Iliffe. „Ich hoffe, wir sehen Ende 2012 etwas Licht am Ende des Tunnels bezüglich der Preise.“

Er geht davon aus, dass weitere Schiffseigner aus dem Segment in Schieflage geraten werden – und will sich das zunutze machen. „Wir gehen für die nächsten zwölf bis 18 Monate davon aus, dass noch andere deutsche Reedereien zu kämpfen haben werden“, sagte Iliffe. „Hieraus ergeben sich für uns eventuell Möglichkeiten, Zukäufe zu tätigen.“ Mit Oaktree, dem das Unternehmen komplett gehört, sieht er sich dazu in der Lage. „Finanziell sind wir bestimmt stärker als viele unserer Konkurrenten.“

Trotz der Überkapazitäten im Markt verzeichnet HHL laut Iliffe ein reges Kundeninteresse: „Sie sind froh, dass es einen weiteren Anbieter gibt, und finden es gut, dass wir von Oaktree unterstützt werden.“ Berichte, dass der ehemalige Beluga-Großkunde Siemens nicht mit der neuen Reederei zusammenarbeiten wolle, stimmten nicht. „Ich habe mich Anfang Mai mit einem Siemens-Vertreter getroffen, es war sehr positiv.“ Das Unternehmen habe keine Kunden verloren. „Es gibt niemanden, der uns auf eine schwarze Liste gesetzt hat.“

Allerdings musste HHL anfangs einige Aufträge ablehnen, weil unklar war, ob die Schiffe ihren Zielort erreichen würden. Denn Beluga-Gläubiger drohten, die Schiffe, die jetzt für HHL fahren, zu beschlagnahmen. Bei mehreren Schiffen ist das passiert; zwei liegen zurzeit noch in Südafrika und Malta. „Wir sind zuversichtlich, dass wir bald eine Lösung für die Schiffe haben werden“, sagte Iliffe.

Auch sonst ist von Beluga nicht viel übrig geblieben. HHL beschäftigt 65 Mitarbeiter, bei Beluga waren es über 600. Die neuen Büros befinden sich im fünften Stock eines schmucklosen Firmengebäudes in Sichtweite der prachtvollen Beluga-Residenz. HHL hat 17 Schiffe im Einsatz und fünf weitere im Bau, bei Beluga waren es in den besten Zeiten 70 Frachter.

In das Geschäft mit Spezialschiffen zur Errichtung von Offshore-Windparks will HHL nicht einsteigen. Die Beteiligung, die Beluga an einem Joint Venture mit Hochtief hatte, hat der Baukonzern komplett übernommen. „Wir wollen uns ganz auf die Schwergutschifffahrt konzentrieren“, sagte Iliffe.

Oaktree wolle das Unternehmen fünf bis sieben Jahre halten und dann verkaufen. Es bestehe aber kein Zeitdruck. „Wir haben viele unserer Firmen länger als zehn Jahre gehalten“, sagte Iliffe. „Wenn wir verkaufen, wollen wir Marktführer sein.“

Mit dem Gründer und ehemaligen Chef von Beluga Niels Stolberg, dem Oaktree Betrug vorwirft, verbindet HHL nichts mehr. „Wir haben keinen Kontakt mit Niels Stolberg“, sagte Iliffe. Während in Bremen durchaus Stimmen zu hören sind, dass Oaktree mit den Schiffen und einer neuen, schlanken Reederei das erreicht habe, was der Investor von Anfang an wollte, sieht sich Oaktree als Opfer von Stolberg. „Wir bleiben der größte Gläubiger in Bezug auf die Insolvenzmasse“, sagte Iliffe. Er selbst will nur für die Übergangszeit an der Spitze von HHL stehen. „Wir suchen bereits einen Nachfolger.“

Quelle: Financial Times Deutschland

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