Ergo prüft Arbeitsweise der Vertreter

Strukturvertrieb HMI im Zentrum der Skandalwelle // Versicherungskonzernerklärt seine Fehler

Herbert Fromme , Düsseldorf

Der zur Munich Re gehörende Versicherungskonzern untersucht die Zukunft des Strukturvertriebs Hamburg-Mannheimer International (HMI). „Wir haben eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit der Frage der Arbeitsweise der HMI auseinander setzt“, sagte Ergo-Konzernchef Torsten Oletzky gestern in Düsseldorf. Mitglieder sind Vorstände von Ergo und Tochterunternehmen. Man habe aber bislang nicht darüber nachgedacht, sich von dem Strukturvertrieb zu trennen. „Es geht um die Weiterentwicklung, nicht die Ablösung.“

HMI steht im Zentrum einer Reihe von Skandalen. Auf einer Incentivereise nach Budapest buchte das Unternehmen 2007 auf Firmenkosten Prostituierte für seine Verkaufsstars. „Das war vollständig inakzeptabel“, sagte Oletzky. Auch bei Unregelmäßigkeiten mit Riester-Verträgen und in der betrieblichen Altersversorgung standen HMI-Vermittler im Zentrum.

Oletzky sagte, dass Ergo einen neuen Verhaltenskodex für Vertreter aufgesetzt hat, Kunden besser unterrichten will und mithilfe eines Marktforschungsinstituts Testkäufe zur Prüfung der Beratungsqualität durchführt. Daneben setzt Ergo einen „Kundenanwalt“ ein.

HMI liefert zehn Prozent des Ergo-Neugeschäfts. Bei Strukturvertrieben verdienen Vertreter, die weiter oben in der Hierarchie angekommen sind, an jedem Vertrag mit, den die Vermittler unter ihnen verkaufen. Entsprechend verbreitet sind Verkaufsdruck und die Kultur des schnellen Reichtums. Die Auflösung von HMI würde hohe Millionen-Abfindungen vor allem für die obersten HMI-Ränge kosten.

Es war ein Streit um Abfindungen, der zu den jetzigen Problemen beitrug. Einige Ex-HMI-Vertreter verlangen hohe Summen von dem Versicherer. Ergo glaubt, dass die Veröffentlichungen über die Skandale aus ihrem Umfeld kommen und hat Strafanzeige wegen versuchter Erpressung gestellt.

„Aber wesentliche Vorwürfe sind im Kern berechtigt“, sagte Oletzky. Sie habe der Konzern mit Hilfe der Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (PwC) aufgearbeitet. So sei die Budapest-Reise in Deutschland geplant worden. Sexdarbietungen auf der Bühne habe es, anders als berichtet, nicht gegeben – auch nicht spezielle Armbändchen für Prostituierte, die den besten Vertrieblern vorbehalten gewesen sein sollen. Ob Stempel oder Strichlisten für die Abrechnung der Frauen verwendet wurden, sei umstritten, die meisten Teilnehmer hätten keine Stempel gesehen.

Bei 12 000 Riester-Verträgen, bei denen Kunden 2005 zu hohe Kostensätze berechnet wurden, habe es einen Fehler beim Neudruck eines Formulars gegeben – eine alte Vorlage wurde verwendet. „Das ist ein ärgerlicher Fehler“, sagte Steffen Salvenmoser von PwC. „Aber der dramatische Fehler ist dann passiert.“ Der Irrtum sei nach einer Kundenbeschwerde 2005 entdeckt worden, aber Ergo sei nicht konsequent damit umgegangen.

Oletzky wirkte im Großen und Ganzen souverän. „Ich halte noch einiges aus, ich fände es aber nicht schlecht, wenn sich der Wind drehen würde“, sagte er. Allerdings verhedderte er sich bei Fragen nach einem weiteren Skandal in der betrieblichen Altersversorgung. Nach Informationen der FTD und anderer Blätter aus Versicherungskreisen soll Ergo in einer Reihe von Firmen Personalabteilungsmitarbeiter oder Betriebsräte mit Provisionen dazu gebracht haben, für den Abschluss von Vereinbarungen mit der Gruppe einzutreten.

Das sei nicht die Ergo-Politik, sagte Oletzky. Wenn es Namen von Unternehmen und Mitarbeitern gebe, werde man dem nachgehen. Ohne Namen seien die Vorwürfe schwer zu fassen. Keine zwanzig Minuten später musste Ergo eingestehen, dass es zumindest einen Namen gibt: Ein Journalist hatte vor zehn Tagen eine Nachfrage mit dem Namen eines Unternehmens gestellt, bei dem ein Personalchef von Abschlüssen profitiert haben soll. Aus Datenschutzgründen habe Ergo eine Stellungnahme abgelehnt.

Quelle: Financial Times Deutschland

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