Die Jugend hat kein Interesse an Finanzthemen? Stimmt nicht, zeigt eineStudie des WDR
Jonas Tauber
Wenn das Telefon im Studio von 1Live klingelt, der Jugend-Dudelwelle des Westdeutschen Rundfunks, dreht sich meistens alles um die Musik von Bands wie Incubus, The Pierces oder dem Rapper Snoop Dogg. Doch in letzter Zeit registrieren die Redakteure bei immer mehr Anrufern ganz andere Interessen. Da fragt ein junger Hörer, ob er jetzt Gold kaufen solle. Oder was mit Lebensversicherungen sei. Die knallharte Antwort der WDR-Leute: „Das hättest du vor ein paar Jahren fragen sollen.“
Jugend und Geld, das ist offenbar ein Thema. Und Deutschlands größter Rundfunksender fand es so interessant, dass er seine Junghörer befragte. Das für manche erstaunliche Ergebnis: Junge Leute interessieren sich kaum weniger für Finanzen und Geld als Erwachsene über 30. WDR-Intendantin Monika Piel ließ es sich nicht nehmen, die Studie am Donnerstag im schicken 1Live-Salon im Kölner Mediapark vorzustellen. „Ohne Moos nix los – wie junge Menschen über Geld und Finanzen denken“ sei die erste unabhängige Erhebung zum Thema – sagt jedenfalls der beteiligte Finanzwissenschaftler Andreas Oehler.
Bisherige Studien waren vor allem im Auftrag von Banken erstellt worden – und kamen meist zu dem Ergebnis, dass die Jugend in Finanzdingen völlig unterbelichtet sei. Der Vorwurf der Macher des WDR-Werkes: Die Banken hätten sich über solche Ergebnisse Zugang als Experten in die Schulen und damit zu den jungen Kunden verschaffen wollen.
Der WDR-Umfrage mit 1017 Teilnehmern zufolge ist die Jugend erstaunlich solide: So stimmt die große Mehrheit zu, dass man mit der Altersvorsorge nicht früh genug anfangen kann. Und gut die Hälfte lehnt es rundweg ab, Schulden zu machen.
Obwohl Banken neben Eltern und Internet als wichtigste Informationsquellen angeführt werden, zeigen sich die Befragten gegenüber den Kreditinstituten umso misstrauischer, je älter sie sind. Hier spielen wohl konkrete Erfahrungen schon eine Rolle.
Trotz aller Lorbeeren des WDR für die eigenen Hörer: Geldsachen stehen mit 27 Prozent ganz hinten auf der Skala der wichtigsten Themen. Wichtiger sind Ausbildung und Beruf mit 57 Prozent sowie Internet und Musik mit jeweils 47 Prozent. Doch darin unterscheidet sich der Nachwuchs nicht sehr von der Generation der Eltern. Die gewichtet Geldthemen mit 30 Prozent kaum höher, zeigt ein Vergleichswert in der Untersuchung.
Sinn und Zweck der Studie für den WDR ist es, die eigene Wirtschaftsberichterstattung zu verbessern und aus dem Käfig der Wirtschaftsspezialsendungen zu befreien. So sollen Sendungen rund um die Themen Geld und Finanzen in diesen Tagen einen Schwerpunkt auf 1Live bilden.
Eine andere Studie, die ebenfalls am Donnerstag veröffentlicht wurde, zeigt freilich, dass die Bankenschelte der WDR-Experten nicht ganz berechtigt ist. Demnach sparen junge Menschen doppelt so viel wie der Durchschnittshaushalt, nämlich 22 statt elf Prozent des Einkommens. Auftraggeber: die Deutsche Bank.
Quelle: Financial Times Deutschland
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