Sonne oder Frost? Derivat oder Police? Bei der Absicherung von Wetterrisikengehen HDI und Munich Re verschiedene Wege – und reklamieren das vermeintlichbessere Produkt für sich
Herbert Fromme
und Jonas Tauber, Köln
Was kostet schlechtes Wetter? 25 Euro legt die Munich Re-Tochter Europäische Reiseversicherung (ERV) pro Regentag auf den Tisch. Vorausgesetzt, man hat als sonnenhungriger Lufthansa-Kunde eine entsprechende Police abgeschlossen. Maximal gibt es für acht Tage Regen 200 Euro.
Einem Wirt, dem das Geschäft im Biergarten verregnet, wird dies zu wenig sein. Er könnte ein potenzieller Kunde von HDI-Gerling Industrie sein. Die Talanx-Tochter richtet sich an Unternehmen. Mit einer neuen Police können sie sich gegen wirtschaftliche Schäden durch Wetterbedingungen absichern, ohne dass ein Sachschaden entstanden sein muss. Das Angebot zielt auf Mittelständler vom Tourismus bis hin zum Bau, aber auch große Firmen wie Energieunternehmen. Bei der Wetterrisiko-Versicherung vereinbaren Versicherer und Kunde exakt, welche Wetterdaten das Risiko am besten abbilden.
Beim Bauunternehmer ist das der Frost, bei einem Energiekonzern das Risiko milder Winter und ebenfalls die Temperatur. Dann ermitteln beide Seiten, wie sich am versicherten Standort die Temperatur normalerweise bewegt. Der Anbieter zahlt, wenn sie über einen festgelegten Zeitraum außerhalb des Rahmens liegt. Mögliche Größen sind auch Niederschlag, Sonnenstunden, Wellengang und Windstärken. Der Deutsche Wetterdienst soll die Daten liefern.
Alles kalter Kaffee, winken Experten von Munich Re ab. Sie bieten seit Jahren Wetterderivate an – Wertpapiere, die je nach vereinbartem Risiko für den Kunden einen entsprechenden Gewinn bringen, wenn das Wetter Kapriolen schlägt. Aber Edgar Puls von HDI-Gerling glaubt, dass erst mit einer klassischen Versicherung größere Kundengruppen angesprochen werden können. „Unsere Versicherung ist für den typischen mittelständischen Unternehmer deutlich einfacher und verständlicher als ein Derivat“, sagt Puls. „Derivate müssen in der Bilanz eines Unternehmens auftauchen und entsprechend bedeckt werden, eine Versicherung nicht.“ Der Nachteil der Versicherung: Es werden 19 Prozent Versicherungssteuer fällig.
Munich Re gibt sich unbeeindruckt. „Bisher benutzen vor allem Energieunternehmen Wetterderivate, um ihre Risiken abzusichern“, sagt Ansgar West, zuständig für Wetterrisiken im Geschäftsbereich Financial Risks. Er bezweifelt, dass eine Wetterversicherung den Bilanzregeln entspricht. Nach internationalem Standard müsse der Versicherungskunde vor der Auszahlung einen Schaden nachweisen. Das sei bei Wetterderivaten anders. Warum dann die Tochter ERV mit der Lufthansa ihre Kleinverträge verticken kann, bleibt das Geheimnis der Munich Re.
Quelle: Financial Times Deutschland
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