Preissteigerungen befeuern Online-Vergleichsportale // Interview mitCheck24-Chef Henrich Blase
Herbert Fromme , München
Die deutschen Autoversicherer müssen sich darauf einrichten, dass künftig deutlich mehr Policen über Internet-Vergleichsportale verkauft werden. Das geht zu Lasten der traditionellen Absatzwege – Vertreter, Makler und Bankschalter – und auf Kosten des Internet-Direktabschlusses bei Versicherern ohne vorherigen Besuch beim Vergleichsrechner.
„Der Online-Absatz entwickelt sich in Wellen, ein starker Anstieg, dann Konsolidierung und zwei, drei ruhigere Jahre“, sagte Henrich Blase, Chef des Vergleichsportals Check24 und seit 1999 in dem Geschäft. „Jetzt kommt wieder ein Sprung. Auslöser sind die erstmals seit Jahren durchgesetzten Preiserhöhungen“, sagte Blase im FTD-Interview.
Für die Assekuranz und ihre langwierig und teuer aufgebauten Vertriebswege werden Vergleichsportale zu einer echten Bedrohung. Denn sie wollen sich nicht auf die Autoversicherung beschränken. Wer als Kunde einmal die Erfahrung gemacht hat, dass der Tarifvergleich online gut funktioniert, weil er nur einmal seine Daten eingeben muss, macht bald dasselbe bei der Gebäude- oder Hausratversicherung. Selbst Versicherer, die per Internet anbieten, werden gnadenlos vorgeführt, wenn ihre Tarife zu ungünstig für den schnellen Vergleich sind.
Blases Optimismus für 2011 und 2012 basiert auf der Überlegung, dass Kunden, denen eine Rechnung mit einer heftigen Beitragsanpassung ins Haus flattert, eher geneigt sind, per Online-Vergleichsrechner ein günstigeres Angebot zu finden. „Außerdem haben sie nach Preiserhöhungen noch einmal ein Sonderkündigungsrecht, das bis in den Dezember geht.“ Bei Policen ohne Preisänderung kann der Kunde nur bis Ende November kündigen, wenn er zum Jahresende den Autoversicherer wechseln will.
Blase rechnet fest damit, dass sein Unternehmen von dem Boom profitieren wird. Schließlich kassiert es von den Versicherern saftige Provisionen – von rund 80 Euro pro Vertrag ist die Rede. Bestätigen will er das nicht. 2010 hat Check24 mehr als 450 000 Autoversicherungsverträge vermittelt. Auf eine genaue Zahl für 2011 will er sich nicht festlegen. „Das liegt an dem komplexen Jahresendgeschäft.“
Bei den Umsatzzahlen ist er offener. 2010 habe Check24 93 Mio. Euro Umsatz gemacht. „Für 2011 streben wir ein Wachstum von 30 Prozent bis 50 Prozent an“, sagte er. Das wären dann 120 Mio. Euro bis 140 Mio. Euro. Davon stammen 40 Prozent aus der Vermittlung von Versicherungen, jeweils 25 Prozent aus Energie- und Finanzierungsverträgen sowie 10 Prozent aus Telefon und Reisen.
Einige Vermittler von Energieverträgen stehen im Feuer der Vorwürfe von Verbraucherschützern. Die Vermittler hätten provisionsgetriebenen bis zuletzt Verträge an die marode Teldafax vermittelt. Nach deren Insolvenz verloren Kunden Geld. „Das haben wir nicht gemacht“, sagte Blase. „Wir haben keine Verträge mit Vorkasse mehr an Teldafax vermittelt.“
Check24 bemühe sich, schwarze Schafe auszusortieren, antwortete Blase. „Wenn aber die Behörden ihrer gesetzlichen Aufgabe nicht nachkommen oder Informationen zurückhalten, dann ist es für ein Vergleichsportal unmöglich die notwendigen Fakten zu recherchieren.“
Der Check24-Vorläufer E-Insurance war 1999 gegründet worden. Zwischenzeitlich veräußerten Blase und die Mitgründer die Firma an Consors, konnten sie aber 2004 für einen geringen Betrag zurückkaufen. Heute gehört das Unternehmen, das inzwischen rund 300 Mitarbeiter hat, dem Management sowie dem Investor Accel Partners aus Großbritannien.
Gewinnzahlen will Blase nicht nennen. „Unser Unternehmen ist seit 2004 insgesamt profitabel“, sagte Blase. „Aber in der Autoversicherung verdienen wir wohl auch 2011 kein Geld.“ Die Kosten seien enorm – vor allem der Aufwand dafür, bei der Suchmaschine Google ganz vorne bei den drei Werbeeinblendungen zu stehen. „Diese Plätze versteigert Google“, sagte er. „Das kann fünf, sechs Euro oder mehr pro Click kosten.“
Blase und Check24 sind nicht bei allen Autoversicherern beliebt. Marktführer HUK-Coburg ist nicht bei Check24 vertreten und wirft dem Portal vor, als Monopolist die Provisionssätze zu diktieren. Zusammen mit der Talanx-Tochter HDI-Gerling und dem kleineren Kfz-Versicherer WGV hat die HUK deshalb den Marktzweiten Aspect Online in Augsburg gekauft. Mit der neuen Marke transparo.de wollen die Coburger mittelfristig beim Volumen auf Augenhöhe mit Check24 kommen.
„Die HUK-Coburg macht das aus strategischen Gründen“, sagte Blase. „Sie ist der mit Abstand größte Direktversicherer und will, dass die Kunden direkt bei ihr auf die Seite gehen.“ Der Marktantritt mit transparo.de habe nicht das Ziel, im Geschäftsfeld Vergleichsportal selbst erfolgreich zu sein. „Es geht darum, anderen Vergleichsportalen und deren Marktpräsenz zu schaden“, sagte Blase.
Mit Empörung reagiert Blase auf Vorwürfe, Check24 schreibe Kunden jährlich an und biete ihnen einen frischen Vergleich, um erneut Provision zu kassieren. „Da würden uns alle Versicherer sofort die Zusammenarbeit aufkündigen“, sagte er. Check24 schreibe nur Interessenten an, die einen Vergleich gerechnet, aber keinen Abschluss getätigt hätten. „Die bekommen eine Mail, in der wir sagen, Sie haben 2010 gerechnet, jetzt haben wir das für Sie aktualisiert.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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