Kopf des Tages Helmut PerletDer frühere Allianz-Finanzvorstand Perlet soll abMai 2012 Aufsichtsratsvorsitzender werden, Konzernchef Diekmann könnte ihm infünf Jahren folgen
Herbert Fromme , Köln
Die Hauptversammlungen des Allianz-Konzerns versprechen zumindest in akustischer Hinsicht künftig ein größerer Genuss zu werden. Helmut Perlet, bis 2009 Finanzchef, soll nach Informationen des Wirtschaftsmagazins Capital ab Mai 2012 Aufsichtsratsvorsitzender werden.
Der Urbayer Perlet versteckt seinen Akzent nicht und mischt ihn fröhlich mit den zahlreichen Anglizismen, die Bilanzsprache und Branchenjargon mit sich bringen. In der Hinsicht dürfte er seinen Vorgänger Henning Schulte-Noelle ausstechen, der in 2012 mit 70 Jahren die Altersgrenze erreicht. Als Westfale spricht er immer ein lupenreines Hochdeutsch.
Das Unternehmen wollte zu der Personalie nicht Stellung nehmen. In Konzernkreisen hieß es jedoch, der frühere Vorstand habe sich bereit erklärt zu kandidieren.
Der 64-Jährige ist seit zwei Jahren für die Allianz als Aufsichtsrat bereits in zahlreichen Kontrollgremien tätig, darunter dem der Commerzbank. Nebenbei ist Perlet Honorarprofessor an der Humboldt-Universität in Berlin.
Der Kettenraucher und Rotweinfreund Perlet hat in der Branche und bei seinen früheren Mitarbeitern den Ruf als ausgezeichneter Fachmann. Er kennt sich nicht nur in den notorisch komplexen Bilanzen eines Versicherungskonzerns aus, der rund um den Globus mit mehr als 1000 Töchtern unterwegs ist, sondern auch in den Strategien dieser Unternehmen.
Der promovierte Betriebswirt begann seine Karriere 1971 beim Finanzamt. Zur Allianz zog es ihn 1973, damals ging er in die Abteilung, die internationale Steuerfragen bearbeitete. Deren Chef wurde er 1981. Sein steiler Aufstieg führte ihn 1997 als stellvertretendes Mitglied in den Vorstand, 2000 wurde er Vollmitglied.
Perlet gilt als einer der Väter des neuen Eigenkapital- und Aufsichtsregimes Solvency II, das die EU-Kommission 2013 einführen will. Und der Finanzchef des mit Abstand führenden Versicherers Europas macht auch keinen Hehl daraus, dass ein wünschenswertes Ergebnis der Reform die Konsolidierung des europäischen Versicherungsmarkts sei. Auf Deutsch: Perlet will, dass kleine Versicherer wegen des hohen Aufwands nicht mehr mitkommen, fusionieren oder sich kaufen lassen müssen.
Konzernchef Michael Diekmann käme ein Aufsichtsratsvorsitzender Perlet recht. Neben der Sachkenntnis brächte er den Vorteil, dass Diekmann nicht sehr viel Druck und Kritik erwarten müsste.
Denn die Macht beim Versicherer bliebe fest in der Hand der Gruppe von Managern, die ihn auch in den vergangenen zehn Jahren im Wesentlichen gesteuert haben – neben Diekmann und Perlet auch Anlagechef Paul Achleitner. Die Gruppe ist für zahlreiche Baustellen mitverantwortlich, viele davon in Deutschland, wo das Unternehmen weiter Marktanteile verliert.
Aus einem Aufsichtsrat unter Perlet allerdings sind vorerst kaum Anstöße für einen Neuanfang zu erwarten. Das Leitmotiv bliebe wohl eher „weiter so“. Jedenfalls so lange, wie der Konzern nicht von heftigen Krisen gebeutelt wird. Dann könnte Perlet auch ganz anders auftreten, wissen Kollegen.
Perlet wäre für Diekmann der ideale Übergangskandidat: Die Entscheidung würde ihm alle Chancen offenhalten, in fünf Jahren selbst an die Spitze des Aufsichtsgremiums zu rücken. Diekmann hat seinen Vertrag gerade bis 2014 verlängert. Sollte er dann ausscheiden, hätte er 2016 die vom Corporate-Governance-Kodex verlangte Wartezeit von mindestens zwei Jahren zwischen Vorstands- und Aufsichtsratsmandat erreicht – und könnte Perlet beerben. Vor allem angelsächsische Investoren sehen frühere Top-Manager an der Spitze der Kontrollgremien ungern. Vertraute halten es für möglich, dass Perlet bei einem schlechten Ergebnis seine Kandidatur zurückzieht.
Quelle: Financial Times Deutschland
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