Kolumne
Herbert Fromme
Das ist wirklich dumm gelaufen. Eigentlich wollten die Autoversicherer durch ihre Baustein-, Abwähl- und Zuwähltarife, ihre komplexen Rabattstaffeln für schadenfreie Jahre und ihre zahllosen Kriterien für weitere Rabatte – von der Bahncard bis zum Eigenheimbesitz – die Tarife möglichst unvergleichbar machen. Wenn der Kunde dem Vertreter sagt, er kann sein Auto bei einem anderen Anbieter 40 Euro billiger versichern, dann kann der Agent einfach antworten: „Das mag stimmen, aber deren Schutz ist doch schlechter als unserer.“
So oder ähnlich hatten die Strategen der Assekuranz sich das gedacht. Nicht auf dem Zettel hatten sie die profunden Änderungen im Kundenverhalten, die das Internet nicht nur bei Versicherungen gebracht hat. Wer heute nur eine mittelgroße Anschaffung macht wie einen PC oder eine teure Designerjacke, geht vorher ins Internet und erkundet Preise.
Noch ausgeprägter ist das bei Finanzangeboten. Baufinanzierungen, Kleinkredite und Versicherungen – hier wird der informative Weg ins Internet gerne gewählt, ehe eine Entscheidung fällt. Bis vor wenigen Jahren ging der abschlusswillige Versicherungskunde dann auf eine, zwei Websites, gab seine Daten ein und ließ einen Preis errechnen. HUK-Coburg gilt wegen seiner Herkunft aus den Beamtentarifen als billig, dann vielleicht noch Allianz oder Axa. Doch schnell stellt der Kunde fest, dass er bei einigen Versicherern gar kein Angebot rechnen kann, und, dass zweitens die Eingabe der geforderten 20 bis 30 Daten mühselig ist.
Da schlug die Stunde der Vergleichsportale. Check24, Aspect Online, Toptarif und andere nehmen dem Kunden viele Mühen ab. Er muss nur einmal Fahrzeugdaten und persönliche Angaben eintippen – und zack, ist der Vergleich auf dem Schirm.
Für die Assekuranz liegt hier eine große Gefahr – nicht nur wegen der happigen Provisionen, die sie an die Portale zahlen muss. Ihr Hauptproblem: Die Unternehmen verlieren den direkten Draht zum Kunden. Denn der ist in seiner Wahrnehmung über Check24 versichert. Die Marke des Versicherers wird unwichtiger, die des Portals gewinnt. Und wer sagt denn, dass die Portale, die heute schon erfolgreich auch Energie, Handytarife und Kleinkredite an den Mann bringen, nicht auch in der Hausrat- oder der Unfallversicherung ähnlich erfolgreich werden wie im Autogeschäft? Dann werden die Versicherer immer mehr zum reinen Lieferanten. Kein Wunder, dass HUK-Coburg, Talanx und WGV sich mit dem Kauf von Aspect Online gegen diese Machtverschiebung wehren wollen. Ob ihnen das gelingt, kann bezweifelt werden. Dieser Zug ist schon abgefahren.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
Quelle: Financial Times Deutschland
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