Verschlungene Familienbande

Schäden unter Verwandten sind versichert, wenn die Beteiligten eigeneVerträge haben

Lässt sich die Mutter im Haus ihrer erwachsenen Tochter ein Bad ein und vergisst, das Wasser abzustellen, kann das ein Fall für ihre Haftpflichtversicherung sein. Wenn sie das Wasser aber nicht für sich eingelassen hat, sondern um die Enkelkinder zu baden, zahlt ihr Versicherer in der Regel nicht – weil es sich um eine Gefälligkeitshandlung der Oma handelt.

So kurios – und teuer – kann es zugehen, verursacht ein Familienmitglied unabsichtlich einen Schaden am Eigentum eines Verwandten. Denn es kommt immer auf die Konstellation der Beteiligten an, ob der Versicherer zahlt oder nicht. „Grundsätzlich gilt eine Faustregel“, sagt Christian Lübke, Sprecher des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Lebt derjenige, der etwas kaputt gemacht hat, als Familienangehöriger mit im Haus, ist er über die private Haftpflichtpolice der Familie versichert.“ Dann zahlt der Anbieter im Schadenfall nicht, weil es sich um einen Eigenschaden handelt. „Hat er jedoch eine eigene Wohnung und einen eigenen Vertrag, kann er den Schaden melden.“ Ausgenommen sind Schäden, die während sogenannter Gefälligkeitshandlungen entstanden sind, also wenn der Bruder beim Umzug hilft und eine Kiste mit teurem Geschirr fallen lässt. „In herkömmlichen Verträgen ist die Gefälligkeitshandlung zwischen Familienmitgliedern, Nachbarn und Freunden nicht mitversichert“, sagt Lübke. Für den Versicherer macht es also einen Unterschied, ob der Bruder das teure Geschirr beim Kistenschleppen während des Umzugs fallen ließ oder beim sonntäglichen Besuch bei den Eltern ein Glas Wein auf den Teppich fallen lässt und es zu Bruch geht.

„Weil der Wettbewerb untereinander groß ist, bieten immer mehr Haftpflichtversicherer an, Hilfeleistungen mit in den Vertrag einzuschließen“, so Lübke. Je nach Gesellschaft können Kunden diesen Baustein jederzeit dazubuchen, wie bei Ergo, oder müssen am Ende des Jahres einen neuen Vertrag abschließen, wie bei Signal Iduna.

Ähnlich wie bei der privaten Haftpflichtversicherung argumentieren die Anbieter bei Schäden an Autos, die innerhalb der Familie genutzt werden. Fährt die Ehefrau mit dem Zweitwagen in die Doppelgarage und beschädigt beim Einparken den BMW des Mannes, kommt es darauf an, ob sie selbst Halterin oder in der Police als Mitnutzerin eingetragen ist. „Gehören beide Fahrzeuge einem Ehepartner, kann dieser lediglich über eine etwaige Kasko Versicherungsschutz erhalten“, sagt eine Ergo-Sprecherin. „Die Kfz-Haftpflicht ersetzt nur Schäden, die einem Außenstehenden zugefügt werden.“ Das gilt auch für Kinder, die elterliche Autos mitnutzen.

Anders verhält es sich, wenn jedes Familienmitglied einen eigenen Wagen besitzt. Führen sie voneinander getrennte Verträge und haben eigene Schadenfreiheitsrabatte, kann es sehr wohl ein Fall für den Kfz-Haftpflichtversicherer sein. Das gilt auch für nicht verheiratete Paare, wenn sie in einem gemeinsamen Haushalt leben.

Anne-Christin Gröger

Quelle: Financial Times Deutschland

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