Wirtschaftsprüfer sollen künftig saubere Vertriebspraktiken bestätigen //Branche uneins über verschärften Kodex
Herbert Fromme , Köln
Die deutsche Versicherungswirtschaft plant, Wirtschaftsprüfer mit der Kontrolle des Verkaufsgebarens der einzelnen Gesellschaften zu beauftragen. Externe Prüfer sollen den Firmen jährlich bestätigen, dass sie sich an den „Verhaltenskodex für den Vertrieb von Versicherungsprodukten“ des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) halten. Das geht aus einem der FTD vorliegenden Entwurf für die Neufassung des Kodex hervor. Eine GDV-Sprecherin bestätigte, dass der Entwurf zurzeit mit den Mitgliedsunternehmen diskutiert wird. „Mit den Wirtschaftsprüfern haben wir noch nicht gesprochen“, sagte sie. Möglicherweise gebe es auch andere Methoden externer Prüfung.
Der Einsatz externer Prüfer für die Durchsetzung sauberer Vertriebsmethoden bedeutet eine Revolution für die Branche, die sich stets gegen mehr Regulierung gewehrt hat. Aber vor allem die Marktführer Allianz und Ergo dringen auf die Verschärfung des erst seit Anfang 2011 geltenden und bislang zahnlosen Vertriebskodex.
In Branchenkreisen hieß es, der neue Kodex solle bis November verabschiedet werden. Er enthält Vorschriften zur klaren Identifizierung der Vermittler als Makler oder Vertreter, Aufklärungspflichten auch bei Umdeckungen von einem Versicherer zum anderen, Beratungs- und Qualifikationsvorschriften für die Vermittler und Regeln für das allgemeine Unternehmensverhalten, die Compliance.
Den Marktführern Allianz und Ergo macht das schlechte Image der Branche große Sorgen. Dazu haben Provisionsexzesse in der privaten Krankenversicherung, Abwerbeaktionen sowie Skandale, wie den um die Ergo-Vertreterreise nach Budapest, beigetragen. Die EU bereitet eine Verschärfung der Vorschriften für die Versicherungsvermittlung vor, Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner hat das Thema auf der Agenda.
Mit den externen Prüfungen will die Branche gegensteuern. „Die Versicherungsunternehmen, die den Kodex als für sich verbindlich anerkennen, lassen sich einmal jährlich von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einem Wirtschaftsprüfer zertifizieren“, heißt es im Entwurf. „Gegenstand des Zertifikats ist die Feststellung, dass das Versicherungsunternehmen die Regelungen des Kodex in seine eigenen Vorschriften aufgenommen hat und diese praktiziert.“ Der Verband will auf seiner Website die Namen der Versicherer und der Ersteller des Testats veröffentlichen.
Manche kleinere Versicherer haben Vorbehalte. „Ich habe Bedenken wegen der Rolle des Zertifizierenden“, sagte Georg Zaum, Chef der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe in Hannover. „Was soll der denn genau zertifizieren?“, fragte er. „Hat das Unternehmen die Regeln selbst übernommen, oder setzen seine Vermittler sie auch um?“ Schließlich gebe es Versicherer mit Tausenden von Vertretern. „Wie soll ein Wirtschaftsprüfer das prüfen?“ Andere Versicherer fürchten mehr Bürokratie und Kosten.
Neben der Zertifizierung enthält die Neufassung weitere Verschärfungen. Neu ist der Absatz „Compliance“. Dort legt der Verband fest, dass sich alle Versicherer Compliance-Vorschriften geben und nur mit Partnern zusammenarbeiten, „die diese Grundsätze anerkennen oder für sich vergleichbare Regeln aufstellen und praktizieren“. Verlangt werden „die Ächtung von Korruption, Bestechung und Bestechlichkeit“. Es soll auch klare Regeln für die „Angemessenheit von Werbemaßnahmen und Unternehmensveranstaltungen einschließlich Incentivereisen“ geben.
Quelle: Financial Times Deutschland
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