Die Versicherungskammer Bayern hinkt der Konkurrenz hinterher. Ein früherer Allianz-Mann will die Kehrtwende schaffen
Herbert Fromme
Herbert Fromme , Köln
Deutschlands größter Sparkassenversicherer, die Versicherungskammer Bayern (VKB), steht nach FTD-Informationen vor einem Großumbau. Der seit Februar amtierende Chef Frank Walthes hofft, damit die niedrigen Gewinne und Schwächen im Kerngeschäft Gebäudeversicherung in den Griff zu bekommen. Die Neuerungen beginnen im Vorstand: Die Versicherungskammer richtet ein zentrales Betriebsressort für alle Gesellschaften ein – also für die Schaden-, Lebens- und Krankenversicherung.
Robert Heene, bislang für die private Sachversicherung zuständig, soll dort künftig den Versicherungsbetrieb und die Schadenbearbeitung für den gesamten Konzern leiten. Vertriebschef bleibt Franz Kühnel. Rainer Fürhaupter übernimmt von Heene die Privatkunden und verantwortet dann das gesamte Schadengeschäft, also Privatkunden, Gewerbe und Industrie. Dabei bleibt die Schadenbearbeitung für Großschäden der Industrie und der Kommunen bei ihm.
Walthes bestätigte der FTD die Umbaupläne. Die Versicherungskammer Bayern ist mit 6,6 Mrd. Euro Prämie der größte der regional tätigen Sparkassenversicherer, war dafür mit 91 Mio. Euro Gewinn im Jahr 2011 aber nur mäßig profitabel. Mit dem Umbau reagiert der frühere Allianz-Manager Walthes auf wachsende Schwierigkeiten, den Kundenstamm zu halten. Die zum Sparkassenlager gehörende Gesellschaft hatte in Bayern lange ein Monopol auf die Gebäudeversicherung. Auch nach der Aufhebung des Monopols blieben Marktanteile von über 80 Prozent – die aber abschmelzen und inzwischen nur noch bei 70 Prozent liegen. Die VKB ist neben Bayern auch in Berlin und Brandenburg sowie im Saarland und in der Pfalz aktiv.
„Unser Problem ist eindeutig, wir konnten bisher die Kunden mit einem einzigen Vertrag aus der Gebäudeversicherung nicht ausreichend für andere Angebote gewinnen“, sagte Walthes. Kunden, die ihre Auto-, Lebens- oder Krankenversicherung bei anderen Versicherern haben, sind leicht von diesen Rivalen ansprechbar, wenn es um den Schutz ihres Gebäudes geht.
Dazu kam der jahrelang schlechte Service mit langen Bearbeitungszeiten bei der Versicherungskammer. Der durch eine marode IT verursachte bürokratische Aufwand sorgte für Ärger bei Kunden und Vertretern. „Das Problem haben wir aber inzwischen weitgehend im Griff“, sagte Walthes.
Aber weder Vertreter noch Unternehmen haben heute einen präzisen Überblick über die gesamte Kundenbeziehung. Zieht ein Kunde um, der zwei oder drei Verträge mit verschiedenen VKB-Gesellschaften hat, muss er seine Adressänderung auch zwei- oder dreimal mitteilen.
„Überall bei der VKB vermisst man eine erkennbare Strategie und eine klare Linie“, sagte ein Insider. „Die Gruppe hat seit Jahren Probleme, den heutigen Anforderungen des Marktes und der Kunden gerecht zu werden.“ In der Lebensversicherung gab es zwar Versuche, mit flexibleren Tarifen wieder Anschluss zu finden, aber sie blieben halbherzig. In der Autoversicherung glänzte die VKB durch ein ständiges Auf und Ab bei den Preisen. In der Gebäudeversicherung versuchte Walthes‘ Vorgänger Friedrich Schubring-Giese, mit der gut ausgestatteten Klimakasko-Police bei Hausbesitzern zu punkten, aber die Verträge sind viel zu teuer.
Die organisatorischen Probleme will die VKB mit dem Projekt „Fokus“ in den Griff bekommen, das schon Schubring-Giese angestoßen hatte, das aber erst jetzt in Fahrt kommt. Walthes hat Erfahrung beim Umkrempeln von Versicherungskonzernen: Er hat bei der Allianz den Großumbau der Vertriebsstruktur ab 2006 mitgemacht.
Quelle: Financial Times Deutschland
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