Zusatzpolicen können die Lücke zur gesetzlichen Pflegeversicherung schließen.Worauf Kunden bei der Auswahl achten müssen
Anne-Christin Gröger
Illegale Beschäftigung von Pflegekräften ist in Deutschland kein Kavaliersdelikt und wird mit hohen Geldbußen geahndet. Dennoch kann sich jeder vierte Deutsche vorstellen, eine billige Pflegekraft aus Osteuropa zu beschäftigen, damit ein pflegebedürftiger Angehöriger zu Hause versorgt werden kann. Das hat eine aktuelle Umfrage des zur Ergo gehörenden Krankenversicherers DKV ergeben.
Das Ergebnis zeigt: Der Pflegenotstand ist endgültig in Deutschland angekommen. Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nur zum Teil die Kosten, die entstehen, wenn Menschen in Heimen oder zu Hause versorgt werden müssen. Derzeit erhalten sie 1550 Euro, wenn sie in der Pflegestufe III stationär im Heim oder in häuslicher Umgebung von Fachpersonal betreut werden. Die Kosten für die Vollzeitpflege sind doppelt so hoch.
Private Pflegezusatzpolicen können diese Lücke schließen. „Eine private Pflegezusatzversicherung ist schon aus Gründen des Vermögensschutzes sinnvoll“, sagt Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Denn die Ausgaben für die Versorgung können schnell das Familienerbe verbrauchen.
Zurzeit sind die Verträge jedoch alles andere als ein Verkaufsschlager: Rund zwei Millionen Menschen haben eine Police abgeschlossen. Die Anbieter erhoffen sich einen Verkaufsschub zum Ende des Jahres. Ab 21. Dezember müssen sie die geschlechtsneutral kalkulierten Unisextarife anbieten, die für Männer und Frauen gleiche Bedingungen aufweisen. Noch müssen Frauen mehr bezahlen als Männer, weil sie statistisch gesehen länger leben. Vor allem für Männer werden sich künftig die Verträge verteuern. Deswegen werben die Versicherer jetzt verstärkt um Männer, damit diese sich noch vor dem Stichtag für den günstigeren Tarif entscheiden. „Wir hoffen auf einen Schlussverkaufseffekt“, sagt Stephanie Rettig vom Versicherer Ideal.
Die Verträge sind in drei Varianten erhältlich – als Pflegekostenpolicen, als Pflegetagegeldpolicen und als Pflegerenten. Egal für welche Variante Kunden sich entscheiden – sie sollten darauf achten, dass alle drei Pflegestufen versichert sind und der Anbieter auch bei Demenz leistet. Diese Indikation nehmen immer mehr Gesellschaften in die Verträge auf.
Bei Pflegekostenpolicen übernimmt der Versicherer einen festgelegten Prozentsatz der Ausgaben. Je nach Anbieter liegt der zwischen 50 und 200 Prozent dessen, was die gesetzliche Pflegeversicherung zahlt. Die Ausgaben müssen Versicherte einzeln nachweisen.
Beim Tagegeld bekommt der Patient je nach Pflegestufe eine vorher vereinbarte Summe pro Tag ausgezahlt – unabhängig von den tatsächlichen Kosten. Der Pflegebedürftige kann frei darüber entscheiden, wofür er das Geld verwendet. Der Nachteil: Wird die Betreuung teurer als gedacht, übernimmt der Versicherer nicht die zusätzlichen Kosten. Deswegen sollten Kunden beim Abschluss das Tagegeld lieber etwas großzügigere Beträge festlegen. „Es ist besser, bei der späteren Auszahlung etwas Luft zu haben, denn niemand weiß, wie viel in 40 Jahren ein Pflegeplatz kosten wird“, sagt Grieble. Ein weiterer Nachteil: Bei den meisten Pflegetagegeld- und Pflegekostenpolicen müssen die Versicherten auch noch Beiträge zahlen, wenn sie schon pflegebedürftig sind.
In der Pflegerente zahlen Versicherte Beiträge bis zu einem festgelegten Zeitpunkt ein und erhalten bei Pflegebedürftigkeit eine Rente. Die Verträge sind teurer als die Alternativen. „Das liegt vor allem daran, dass der Kunde mit Eintritt in die Pflegebedürftigkeit keine Beiträge mehr zahlen muss“, sagt Stefan Schinnenburg vom Analysehaus Morgen & Morgen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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