Hans-Peter Schmidt, der 70-jährige Aufsichtsratsvorsitzende der Nürnberger Versicherungsgruppe, will nach FTD-Informationen im April 2013 erneut für das Gremium kandidieren. Das ist eine herbe Niederlage für die Munich Re, den größten Aktionär der Nürnberger mit knapp 20 Prozent, und andere Großaktionäre. Sie hatten Schmidt schon 2011 zu einem graduellen Rückzug aus seinen zahlreichen Aufsichtsratsmandaten in der Gruppe gedrängt. Damit sind sie gescheitert.
Schmidt ist umstritten bei den Anteilseignern, weil er sich auch als Aufsichtsratsvorsitzender stark an der Unternehmensführung beteiligt. Bis 2002 war er Vorstandschef. Die Munich Re wollte sich nicht äußern. In unternehmensnahen Kreisen gab es jedoch Kritik. „Wir hätten es besser gefunden, wenn er 2013 nicht wieder für den Aufsichtsrat antreten würde,“ sagte ein Manager.
Schmidt erhielt 2011 nach FTD-Informationen aus Aktionärskreisen 713 000 Euro als Vergütung für seine Tätigkeit als Chefaufseher bei der Nürnberger Beteiligungsgesellschaft und für weitere Mandate bei mehreren Tochterunternehmen. Außer VW zahlte kein DAX-Konzern seinem Aufsichtsratschef so viel. Schmidt nutzt die Kontrollgremien der zahlreichen Tochtergesellschaften für eine ausgeklügelte Netzwerkpolitik. In den Gremien sitzt auch eine Reihe von CSU-Politikern, darunter der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber.
Die Nürnberger ist ein mittelgroßer Versicherer, der bundesweit tätig ist. Ein Schwerpunkt im Vertrieb ist das Kfz-Handwerk. Bei einem Umsatz von 4,6 Mrd. Euro erzielte der Konzern 2011 gerade mal 79 Mio. Euro Gewinn nach Steuern. 4100 Mitarbeiter sind im Innendienst tätig, davon 600 bei Autohandelsgesellschaften. Dazu kommen Außendienstler.
Schmidts erneute Kandidatur kommt für die Versicherungsbranche zu einem unpassenden Zeitpunkt. Die Assekuranz ist ökonomisch wegen der Niedrigzinsen in einer schwierigen Lage, dazu kommen große Probleme mit ihrer Reputation. Eine Reihe von Skandalen wie die Ergo-Sexreise nach Budapest führte zu Verärgerung bei vielen Kunden. Die Selbstbedienungsmentalität, die in manchen Unternehmen immer noch vorherrscht, ist dem Ansehen der Branche da nicht gerade zuträglich.
Schmidts Festhalten am Amt ist auch eine Niederlage für Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard, der im eigenen Haus und bei der Tochter Ergo streng auf Einhaltung aller Regeln guter Unternehmensführung (Corporate Governance) drängt. 2011 hatte der frühere Munich-Re-Vorstand Heiner Hasford als Aufsichtsratsmitglied der Nürnberger versucht, Schmidt zur schrittweisen Aufgabe seiner Mandate zu drängen, war aber gescheitert. Hasford gab daraufhin sein Mandat auf. Inzwischen vertritt der frühere Vorstand Detlev Schneidawind den Rückversicherer im Aufsichtsrat der Nürnberger.
Die Gesellschaft erklärte in ihrem Geschäftsbericht, sie halte den Corporate Governance Kodex ein, allerdings mit Ausnahmen. Dazu gehört, dass sie keine Altersgrenze bei der Wahl zum Aufsichtsrat akzeptiert. „Wir sehen in der Festlegung einer Altersgrenze eine Einschränkung des Rechts der Aktionäre, die Mitglieder des Aufsichtsrats zu wählen“, heißt es.
Quelle: Financial Times Deutschland
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