Versicherer leiden doppelt unter den immer anspruchsvolleren Kapitalvorschriften: Zum einen kostet die Regulierung sie viel Geld, zum anderen schränkt sie die Unternehmen in ihrer Handlungsfreiheit ein. Das zeigt eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte. Die Versicherer brauchen eine gezielte Strategie, um mit diesen Herausforderungen umzugehen, sagen die Experten.
Allein im Jahr 2012 haben die 40 größten europäischen Versicherer zwischen 4,2 Mrd. Euro und 4,9 Mrd. Euro ausgegeben, um alle Kapital- und sonstigen Regulierungsvorschriften zu erfüllen. Das entspricht immerhin einer Verminderung der Kapitalrendite um 1,01 Prozentpunkte. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte.
Nach Schätzungen des Unternehmens hat die Umsetzung der Vorschriften oder die Vorbereitung auf sie die Versicherer in den Jahren 2010 bis 2012 bis zu 9 Mrd. Euro gekostet – im Schnitt 200 Mio. Euro pro Versicherer. Und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Nach einer Befragung von Top-Managern aus der Branche geht die Mehrheit davon aus, dass die finanziellen Belastungen durch Regelwerke wie IFRS4, Solvency II, IFRS9 oder durch Stresstests bis 2015 anhalten werden. Viele rechnen noch mit einer weit längeren Belastung.
Versicherer sollten die mit den mmer neuen Regeln verbundenen Unsicherheiten nicht klaglos hinnehmen, sondern ihnen strategisch begegnen, empfehlen die Deloitte-Experten. Die Herausforderungen seien nicht nur finanzieller Art, sagt Francesco Nagari, Partner bei Deloitte. „Nur wenige Compliance-Teams haben die Fähigkeit, mit den Unsicherheiten rund um die Regulierung umzugehen, und viele Versicherer nehmen eine abwartende Haltung ein, wenn es um Geschäftsentscheidungen geht.“ Nagari sieht die Gefahr einer strategischen Lähmung. Sie kann Versicherer dazu bringen, Schritte wie Ver- oder Zukäufe zu verschieben – weil sie die Auswirkungen neuer Vorschriften nicht kennen.
Das zeige, dass die tatsächliche Belastung durch die Regulierung weit über die Kosten der Implementierung neuer Vorschriften hinaus geht, betont Seb Cohen, der Leiter der Versicherungsforschung bei Deloitte. Die Interviews mit den Führungskräften hätten gezeigt, dass sie eine enge Zusammenarbeit der nationalen Aufseher weltweit wünschen. Auf eine kurzfristige Abstimmung der Regulierer dürfen die Unternehmen aber nicht warten, sagt Cohen. „Es gibt Instrumente und Techniken, mit deren Hilfe Versicherer besser mit den Herausforderungen umgehen können.“ Außerdem müssten die Versicherer für eine abgestimmte, firmenweite Herangehensweise an die Regulierung sorgen, die einer Geschäftsstrategie nicht im Wege steht.
Ilse Schlingensiepen
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