Justizministerium und Versicherungswirtschaft geben Entwarnung – es gebe keine Verzögerungen bei der Schadenbearbeitung. Der Maklerverband VDVM hält an seiner Kritik fest. Insbesondere bei Großschäden agierten die Versicherer interessegeleitet.
Die Mitglieder des Verbands Deutscher Versicherungsmakler (VDVM) halten an ihrer kritischen Betrachtung des Schadenverhaltens deutscher Versicherer fest. Eine Befragung der Länderjustizminister bei den Gerichten und die Beschwerdestatistik des Ombudsmanns sowie der BaFin legen den Schluss nahe, dass es keine auffälligen Änderungen bei der Schadenregulierung gegeben hat. VDVM-Präsident Peter Wesselhoeft, im Hauptberuf Chef bei Gossler, Gobert & Wolters, sieht das anders. „In beiden Fällen wurde auf den Gesamtmarkt abgestellt mit seinen stückzahlmäßig weit überwiegenden Privat- und kleingewerblichen Versicherungsnehmern“, sagte er beim Pressegespräch des Verbandes in Hamburg.
Die Erfahrung der VDVM-Mitglieder, die vor allem gewerbliche und industrielle Unternehmen betreuen, zeige ein anderes Bild. „Hier wird uns wiederholt von interessegeneigtem Agieren der Versicherer insbesondere bei Großschäden mit Auswirkungen bis hin zur Existenzgefährdung der betroffenen Unternehmen berichtet“, sagte Wesselhoeft. Die beim DVS-Symposium am 5. September von HDI-Gerling-Vorstand Stefan Sigulla geäußerte Ansicht, die Verzögerungen bei den Regulierungen seien im Wesentlichen auf die zunehmende Verrechtlichung des Abwicklungsprozesses zurückzuführen, greife zu kurz, sagte Wesselhoeft. Er beklagte Probleme in der Organisation und bei Prozessen, wenn es um die Zusammenarbeit geht: Sachbearbeiter seien nicht oder schlecht erreichbar, oft würden keine Ansprechpartner benannt.
Sorgen machen den Maklern laut Wesselhoeft auch:
- Die drastisch zurückgehenden Zeichnungskapazitäten in Teilmärkten wie Gesundheitswesen und Architekten
- Das Negativimage der Lebensversicherer
- Die Versuche der Lebensversicherer, die Provisionen zu deckeln
- Die Debatte um Honorarberatung als vermeintlich einziger Basis unabhängiger Beratung
- Die erheblichen Bürokratiekosten aus Fortbildung, Sepa und Verkehrssteueränderungsgesetz
Laut Verkehrssteueränderungsgesez müssen die Makler ab Januar 2014 die Steuernummern aller an einem Vertrag beteiligten Versicherer sowie – bei Fehlen einer Versicherungssteuerpflicht – die entsprechende Vorschrift zeigen. „Das erfordert umfangreiche Systemumstellungen in der IT und im Formularwesen ebenso wie erhebliche einmalige wie zusätzliche laufende Datenerfassungs- und –pflegeaufwände“, sagte Wesselhoeft. Gleiches gelte für die einheitliche europäische Kontonummer SEPA. „Die Kosten der Installation für beide Vorhaben belaufen sich für ein mittelgroßes Haus wie unseres auf über 500.000 Euro.“ Jährlich wird der IT-Etat mit 20.000 Euro bis 30.000 Euro belastet.
Trotzdem halte ein Großteil der VDVM-Makler am Maklerinkasso fest. Bei den Policen und Rechnungen der Versicherer gebe es erhebliche Fehlerquoten. „Rund 50 Prozent bis 60 Prozent aller Policen im privaten und gewerblichen Bereich ist im ersten Set fehlerhaft“, sagte Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand des VDVM. Wesselhoeft forderte, die Versicherer müssten dafür sorgen, dass die ihren Kunden berechneten Beträge korrekt seien.
Allerdings ist das Maklerinkasso nicht problemfrei: In den vergangenen Jahren haben mehrere Maklerpleiten zu Verlusten bei Versicherern und in einem Fall bei Kunden geführt. „Hier sind offensichtlich Drittgelder rechtswidrig zur Finanzierung des eigenen Geschäftsbetriebs verwendet worden“, gestand Wesselhoeft ein. Der VDVM habe deshalb seine Statuten geschärft und festgelegt, dass Mitglieder mit Inkasso künftig Bilanzen oder vergleichbare Angaben der Geschäftsstelle vorlegen. Außerdem verlangt der Verband ein Testat vom Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, dass die Geldkreisläufe getrennt gehalten werden.
Herbert Fromme
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