Petersen: „Die Bedeutung des Rechtsschutzes steigt“

Hanno Petersen ist im Vorstand der Arag SE zuständig für IT, Betriebsorganisation und Operations. Im Interview mit dem Versicherungsmonitor spricht er über die Auswirkungen der neuen Gerichtsgebühren auf den Versicherer und die Kunden. Die Arag profitiert von der guten Konjunktur in Deutschland, an der Leistungsfront ist Ruhe.

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Hanno Petersn ist Vorstand IT, Betriebsorganisation und Operations bei der Arag SE

© Arag

Wie schätzen Sie die Folgen des neuen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes für die Rechtsschutzversicherer ein?

Hanno Petersen: Die Anpassungen des Kostenrechtes sind für die Versicherer eine immer wiederkehrende Übung. Wir gehen von einer Kostensteigerung in der Größenordnung von 16 Prozent aus. Unabhängig davon müssen wir uns schon im Klaren sein, dass die Rechtsverfolgung in Deutschland immer teurer wird und bereits heute für den Bürger aus eigener Tasche kaum selbst finanzierbar ist. Natürlich steigt dadurch auch die Bedeutung des Rechtsschutzes als Versicherungsleistung.

Wie wird die Arag mit den Kostensteigerungen umgehen? Sie beziffern die zusätzlichen Belastungen mit 20 Mio. Euro im Jahr.

Wir werden die Mehrbelastungen nicht voll an unsere Kunden weitergeben, sondern zu einem Teil abfedern können. Dennoch werden sich Steigerungseffekte nicht vermeiden lassen. Diese werden jedoch erstmals in zwei bis drei Jahren für die Kunden spürbar.

Für die Kunden ist es sicher negativ, wenn dadurch die Prämien steigen. Andererseits liefern die gestiegenen Gebühren Ihnen  einen Grund für den Abschluss einer Rechtsschutz-Police. Sind die Folgen des Gesetzes langfristig eher positiv oder negativ?

Die Arag hat sich in dieser Diskussion zurückgehalten, weil wir glauben, dass auch die Anwaltschaft angemessen verdienen muss. Versicherer und Anwaltschaft arbeiten in der Regel gut zusammen und wissen, dass ein Gegeneinander nichts bringt, sondern nur zulasten der Verbraucher geht. Die Erfahrung aus den vergangenen Anpassungsrunden zeigt uns, dass die Folgen des Gesetzes nicht automatisch zu einer Belebung des Rechtsschutzmarktes führen.

Welche weiteren Themen beschäftigen Sie zurzeit?

Mich beschäftigen vor allem die Auswirkungen der neuen Medien auf das Kundenverhalten. Wie werden die Kunden künftig Versicherungen kaufen und welche unterschiedlichen Kontaktwege erwarten sie dabei von den Unternehmen? Dort verstecken sich viele spannende Themen. Die Veränderungen der vergangenen Jahre zeigen, dass wir es dabei eher mit einem schleichenden, aber dennoch sehr dynamischen Veränderungsprozess zu tun haben.

Wie gehen die Rechtsschutzversicherer mit dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz um? Haben sich schon Kunden wegen einer Klage an die Arag gewandt? Sind solche Auseinandersetzungen gedeckt?

Ja, Kostenschutz besteht durch den Leistungsbaustein „Verwaltungs-Rechtsschutz“. Wir sehen derzeit kein erhöhtes Klageaufkommen wegen des neuen Rechtsanspruches. Es gibt einen etwas größeren Beratungsbedarf. Hier verfügt die Arag schon auf ihrer Internetseite über sehr viele Informationen für betroffene Eltern. Wir sind stolz darauf, dass mittlerweile auch viele Kanzleien auf unser umfassendes Informationsangebot verweisen und auch direkt mit unserer Website verlinken.

Gibt es Bereiche des Rechtsschutzes, die Ihnen zurzeit besondere Freude oder besondere Sorgen machen?

Auf dem deutschen Markt sind wir derzeit recht zufrieden. Durch die gute Konjunktur sind alle Leistungsbereiche eher unauffällig, das gilt auch und vor allem für den Arbeits-Rechtsschutz, der uns noch vor einigen Jahren deutliche Mehrkosten bereitet hat. International spüren wir in Südeuropa die Krisenfolgen durch ein höheres Storno. Insgesamt leisten die Einheiten vor Ort aber sehr gute Arbeit, so dass wir uns weiterhin gut in den Märkten behaupten.

Haben sich viele Kunden bei der Arag gemeldet, nachdem die Verbraucherzentrale NRW ein Urteil gegen Rechtsschutz-Klauseln erstritten hat, nach denen  die Versicherer nicht bei Fehlberatung leisten?

Nein, über große Volumina reden wir hier eher nicht. Gerade bei dem Vorwurf einer nachweislichen Fehlberatung hat sich gezeigt, dass wir gute Chancen haben, die Prozesse zu gewinnen, so dass wir den Kunden hier gut weiterhelfen können. Problematisch wird es bei Verfahren, die künstlich in die Länge gezogen werden, um immer wieder neue Klageansätze zu finden. Das geht an den berechtigten Interessen der Mandaten beziehungsweise des Kunden vorbei.

Planen Sie neue Policen für den Bereich Internet/E-Commerce?

Ja, mit Sicherheit, aber das gehört noch nicht hierher.

Erhält die Arag durch ihre internationalen Aktivitäten Anregungen für Innovationen für den deutschen Markt? Wenn ja, können Sie Beispiele nennen?

Ja, wir profitieren sehr stark von unserem engen Austausch mit unseren internationalen Kollegen. Von der Arag North America haben wir gelernt, wie wichtig Beratungsleistungen bei Patientenverfügungen und Testamentserstellungen sind. Daher haben wir daraus auch entsprechende Leistungen für unsere Kunden in Deutschland entwickelt. Das bekannteste Beispiel ist die anwaltliche telefonische Erstberatung als fester Produktbestandteil, die wir ursprünglich in den USA und den Niederlanden in den Markt gebracht haben. Der Erfolg dort hat uns damals ermutigt, den Service Ende 2005 auch hierzulande anzubieten.

Ilse Schlingensiepen

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