Für Unternehmen bedeutet das gewachsene öffentliche Bewusstsein für die Themen Klimawandel und Umweltschäden ein stärkeres Haftungsrisiko. Gleichzeitig schenken Kunden und auch manche Versicherer den Umweltpolicen noch nicht genug Aufmerksamkeit, meinten Experten beim Casualty Day der Kanzlei Clyde & Co. Besonders wer in mehreren Ländern wirtschaftlich aktiv ist, muss aufpassen. Denn die gesetzlichen Grundlagen unterscheiden sich deutlich.
Internationale Programme in der Umwelthaftpflicht müssen von den Unternehmen besonders sorgfältig aufgesetzt werden, meint Stefan Warnecke, bei Chubb Europe verantwortlich für das Underwriting in diesem Bereich. Zu unterschiedlich seien die Regelungen in den verschiedenen Ländern, sagte Warnecke auf dem Casualty Day der Kanzlei Clyde & Co in Düsseldorf. Als Beispiel nannte er Schäden, die aufgrund von elementaren Naturgewalten auftreten. Gibt es in einem Chemiewerk Explosionen, weil durch einen Sturm die Stromversorgung und damit die notwendige Kühlung ausfällt, so haftet der Betreiber in Deutschland nicht für Schäden, die anderen dadurch entstehen. In den USA dagegen sehr wohl.
Oft sei das Wording von Policen nur auf die gesetzlichen Grundlagen in Europa oder gar Deutschland abgestimmt. Dann komme es im Ernstfall zu Deckungslücken. Warnecke sieht aber auch die Versicherer in der Pflicht bei der Weiterentwicklung des Themas. Umwelt habe bei den Versicherern oft noch nicht den nötigen Stellenwert.
Daniel Kassing von Clyde & Co sieht bei den Obergerichten einen Trend, bei Umweltschäden die Beweisführung für die Kläger zu erleichtern. Ein Beispiel dafür sei die schlagzeilenträchtige Klage eines peruanischen Kleinbauern gegen den Energiekonzern RWE. Der Peruaner sieht sein Dorf am Fuße eines Gletschersees durch den Klimawandel bedroht, den RWE mit zu verantworten habe. Das Oberlandesgericht Hamm hat mittlerweile eine Beweisaufnahme vor Ort angeordnet, seit zwei Jahren gibt es in dem Verfahren allerdings keine Fortschritte.
Es könne noch nicht von einer Beweislastumkehr gesprochen werden, aber der Trend sei klar, meinte Kassing. Die öffentlichen Diskussionen um das Thema Klima gingen eben auch an den Gerichten nicht spurlos vorbei. „Für Unternehmen gilt deshalb: Die Haftungsrisiken steigen.“ Für besonders wahrscheinlich hält er Aktionärsklagen wegen mangelnder Vorbereitung auf Klimawandel und Klimarisiken sowie zivilrechtliche Klagen gegen Unternehmen wegen Umweltschäden. Dabei könne nicht länger davon ausgegangen werden, dass ein rechtskonformes Verhalten automatisch eine Haftung ausschließe, so Kassing, das werde am Beispiel RWE deutlich.
Katrin Berkenkopf
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