Wolfgang Hanssmann ist gut vernetzt in der Branche, er hat sich als Vertriebsvorstand bei den HDI Versicherungen und vorher bei der Axa einen guten Ruf erarbeitet. Doch zurzeit muss Hanssmann mit viel Kritik aus den eigenen Reihen fertig werden. Denn er bezieht in der Diskussion über die Betriebsschließungsversicherung (BSV) für Gastronomen eine deutlich andere Position als andere Gesellschaften. Die BSV habe einen „Konstruktionsfehler“, sagt Hanssmann, den man beseitigen müsse. Aber dafür dürfe man nicht die Kunden bestrafen.
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Ihr Artikel über Herrn Hanssmann’s Marketing-Offensive ist natürlich im Kern richtig, aber:
In einer anderen Sache hat dieselbe Kammer (!) des LG Mannheim kurz nach dem oft zitierten Urteil wie folgt verfügt:
„Angesichts der Formulierung unter Punkt D 1. 1.2 der Versicherungsbedingungen bestehen Bedenken, dass die durch das Coronavirus veranlassten Maßnahmen einen Versicherungsfall darstellen können. Versicherungsschutz besteht danach für die in §§ 6 und 7 IfSG in der Fassung vom 20.07.2000 genannten Krankheiten und Erreger. Bei einer solchen enumerativen Auflistung ohne Öffnungsklausel wie etwa durch den Zusatz „insbesondere“ spricht der Wortlaut gegen eine Deckung für Betriebs-schließungen aufgrund des erst durch die Verordnung zur Ausdehnung der Melde-pflicht am 30.01.2020 in die §§ 6, 7 IfSG einbezogenen Coronavirus. Die streitgegen-ständliche Klausel ist in ihrer Ausgestaltung deutlich, sodass die Kammer nach vor-läufiger Bewertung auch keine bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen zu Lasten des Versicherers gehende Unklarheit zu erkennen vermag.“
Offenbar differenzieren die Gerichte, wie es dem Thema auch gerecht wird. Auch die richtigen Aussagen von Herrn Hanssmann, dass die Versicherer mit Betriebsschließungen wegen Pandemien nicht gerechnet haben, stimmt natürlich. Ob aber die Schlussfolgerung zwangsläufig ist, dass dies eine Sache der Versicherer und nicht der Kunden sei, erscheint mir weniger eindeutig: Versicherer müssen vor dem Hintergrund vorhandener Informationen ein Risiko einschätzen können, um Prämie berechnen und (somit) die dauernde Erfüllbarkeit der Deckungen sicherstellen zu können.
Diese „Basis der Kalkulation“ ist unter anderem durch § 294, Abs. 4 VAG geschützt. Interpretiert man allzu leichtfertig Versicherungsbedingungen ausschließlich zugunsten des Versicherungsnehmers, kann das dazu führen, dass die Versicherer-Landschaft anschließend sehr „bereinigt“ ist. Anders ausgedrückt: ein großer Player wie der HDI oder möglicherweise auch die Signal Iduna können sich Schadenzahlungen im Bereich des 100-fachen der Prämie vielleicht leisten, kleine VVaGs jedoch nicht. Auch ist deren Rückversicherungsschutz anders gestaltet.
Die Frage wird dann anders zu stellen sein: braucht man diese kleinen Versicherer?
Dr. Maximilian Teichler
Rechtsanwalt Kanzlei für Versicherungsmanagement
Hamburg