Die Allianz stellt Besitzer von alten DDR-Wohngebäudepolicen in hochwassergefährdeten Regionen vor die Wahl: Entweder sie zahlen höhere Prämien und Selbstbehalte, oder sie verlieren ihren Versicherungsschutz.
Die Allianz geht ihre Altlasten an: Sie will 15.000 besonders hochwassergefährdeten Hausbesitzern mit Wohngebäudepolicen aus der ehemaligen DDR ein Umstellungsangebot unterbreiten. Wer sich nicht auf höhere Prämien und Selbstbehalte einlässt, dem droht die Kündigung des begehrten Altvertrags.
Die DDR-Wohngebäudeversicherungen hatte die Allianz 1990 übernommen. Rund 450.000 Policen befinden sich noch im Bestand des Versicherers.
Die Bedingungen der Verträge sind für die Kunden äußerst vorteilhaft: Die Policen enthalten in der Regel eine automatische Absicherung gegen Hochwasser, die bei neuen Verträgen separat abgeschlossen werden muss, und oft auch gegen Schäden durch drückendes Grundwasser. Letzteren Schutz bieten Versicherer oft gar nicht mehr an. Zudem sind die Beiträge günstig, auch Versicherte in hochwassergefährdeten Gebieten zahlen keine Risikoaufschläge. Selbstbehalte gibt es in der Regel nicht.
„Die Häuser in gefährdeten Regionen werden von allen anderen DDR-Verträgen subventioniert“, sagt Jens Lison, der im Vorstand der Allianz Versicherung für das Privatkundengeschäft zuständig ist. Hohe Schäden etwa durch das Juni-Hochwasser führten bei allen DDR-Policen-Besitzern zu höheren Beiträgen. „Daher haben wir beschlossen, die Verträge umzustellen.“
Betroffen sind rund 15.000 Kunden mit DDR-Policen in den ZÜRS-Zonen drei und vier. Mit dem Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS) ermittelt die Assekuranz die Hochwassergefährdung eines Hauses. In Zone drei und vier gibt es alle zehn bis 50 Jahre beziehungsweise alle zehn Jahre eine Überschwemmung.
Die Kunden erhalten ab dem 25. September einen Brief mit einem Umstellungsangebot. Die Allianz verlangt für die Fortführung der Police zu ansonsten gleichen Bedingungen für Häuser in Zone drei eine Beitragserhöhung um 100 Euro und einen Selbstbehalt von 1.500 Euro und in Zone vier ein Prämienplus von 150 Euro und einen Selbstbehalt von 3.000 Euro. Stimmen die Kunden der Änderung nicht bis zum 31. Oktober zu, endet der bestehende Vertrag zum Jahresende – und die Kunden müssen sich einen neuen Anbieter suchen. Das betrifft insgesamt 12.000 Kunden.
Severin Moser, Vorstand der Allianz Deutschland, betont, dass der Versicherer die Kunden halten wolle. „Das neue Angebot ist immer noch besser als das, was wir einem Neukunden anbieten würden“, sagt er
Bei weiteren 2.800 hochwassergefährdeten Kunden mit DDR-Verträgen hat die Allianz nicht genug Daten für ein Umstellungsangebot. Sie erhalten einen Brief mit der Bitte, sich an ihren Allianz-Vertreter zu wenden, der ihnen dann in den meisten Fällen eine neue Allianz-Wohngebäudeversicherung statt einer Fortführung der DDR-Police anbieten wird. „Bei diesen Kunden wird es auch Bedingungsänderungen geben“, sagt Lison.
Unter den betroffenen Kunden sind auch 2.500 Versicherte, die durch das aktuelle Hochwasser im Juni Schäden zu verkraften hatten. Unter anderem der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hatte an die Versicherungswirtschaft appelliert, keine Schadenfallkündigungen auszusprechen.
Die Allianz ist sich keiner Schuld bewusst. „Wir haben nach dem Hochwasser keine Kündigungen ausgesprochen“, sagt Moser – und betont, dass es sich bei der jetzigen Aktion um ein Umstellungsangebot handele. Sein Kollege Lison ergänzt, dass die Umstellung der DDR-Policen unabhängig von dem Juni-Hochwasser erfolge. Die Aktion sei schon seit Jahresanfang geplant. Die Allianz hatte durch das Hochwasser rund 600 Mio. Euro an Schäden zu verkraften.
Der Versicherer ist mit seiner Umstellungsaktion nicht allein. Im Mai hatte die Munich Re-Tochter Ergo Schlagzeilen mit ihrem ruppigen Umgang mit Hausbesitzern gemacht. Der Versicherer hatte 120.000 Kunden mit alten Verträgen angeschrieben und ihnen die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder sie schließen eine neue teurere Policen ab oder der Altvertrag wird gekündigt. Hintergrund ist die defizitäre Lage in der Wohngebäudeversicherung. Viele Versicherer schreiben wegen hoher Schäden und des Preiskampfs der vergangenen Jahre rote Zahlen.
Friederike Krieger
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