Peiner sieht Umstrukturierung nicht als Abschied vom Vereinsgedanken – Aktuell kein Börsengang geplant. Von Herbert Frommeund Anja Krüger, Köln
Der grundlegende Umbau des Kölner Parion-Versicherungskonzerns bedeutet keinen Abschied vom Versicherungsverein. „Im Gegenteil, wir stärken den Gedanken der Gegenseitigkeit“, sagte Vorstandschef Wolfgang Peiner der FTD. Er tritt für die Einführung eines europäischen Versicherungsvereinsrechts ein, damit Gesellschaften aus verschiedenen Ländern fusionieren können. „Wir haben bald eine gemeinsame Währung, können aber keine gemeinsame Versicherung gründen“, beklagte er.
Der Umbauplan passe den Konzern an veränderte Gegebenheiten an. „Die 90er Jahre waren die Zeit der Gleichordnungskonzerne, das ist jetzt vorbei“, sagte Peiner. Kunden und Makler verlangten immer öfter ein gutes Rating einer renommierten Agentur, bevor sie sich für eine Gesellschaft entscheiden. „Dazu muss ein Konzern aber eine international verständliche Rechtsform haben.“ Auch steuerlich und unter Management-Gesichtspunkten sei die jetzige Form ungünstig.
Zurzeit wird die Parion als so genannter Gleichordnungskonzern geführt, ähnlich wie die Signal Iduna und die Alte Leipziger/Hallesche Nationale. Bei Parion stehen vier rechtlich selbstständige Versicherungsvereine nebeneinander: zwei Lebensversicherungen, eine Sachversicherung und eine Krankenversicherung. Eine Fusion dieser Vereine ist rechtlich nicht möglich, weil sie unterschiedliche Versicherungssparten betreiben und in Deutschland die Trennung der Lebensversicherung von dem anderen Geschäft vorgeschrieben ist.
Die vier Vereine haben ein gemeinsames Management und sind über einen Kooperationsvertrag aneinander gebunden. Da ein Versicherungsverein keine Aktionäre hat, sondern seinen Versicherten gehört, gibt es keine Kapitalbeteiligung zwischen ihnen. Die Vereine besitzen aber gemeinsam Tochterunternehmen.
Peiner will diese Struktur radikal umbauen. Das gesamte gegenwärtige operative Versicherungsgeschäft soll auf Aktiengesellschaften übertragen werden, die dann einer Zwischenholding gehören. Die so vom Versicherungsgeschäft entleerten Vereine können fusionieren. Damit der so zustande gekommene Super-Verein als Versicherungsunternehmen auf Gegenseitigkeit bestehen bleiben kann, muss er seinen Mitgliedern eine Versicherung anbieten. Das wird nach Peiners Angaben eine Auslands-Unfallpolice mit Assistance-Leistungen sein.
Der fusionierte Großverein ist damit einerseits Unfallversicherer, andererseits einziger Aktionär der Zwischenholding. Die Zwischenholding ist eine Aktiengesellschaft und kann bei Bedarf an die Börse gebracht werden.
Mit der aus England und den USA bekannten Demutualisierung, der Umwandlung eines Versicherungsvereins in eine Kapitalgesellschaft, habe das Ganze nichts zu tun, betonte Peiner. Vorwürfe, die Parion wolle die Versicherten um ihre Rechte bringen und billig demutualisieren, weist er zurück. „Wir wollen Gegenseitigkeitsverein bleiben. Wir sind das seit 180 Jahren.“ Alle Neukunden werden automatisch Vereinsmitglieder und bekommen die Auslands-Unfallpolice, auch wenn sie eigentlich nur eine Autodeckung oder eine Lebensversicherung bei einer Tochter kaufen wollten.
„Bei einer Demutualisierung erhalten die Versicherten Anteilsscheine. In einem weiteren Schritt geht ein solches Unternehmen oft an die Börse. Dabei steht der Kapitalbedarf im Vordergrund“, argumentierte Peiner. Davon könne bei der Parion keine Rede sein.
Die neue Struktur soll Ende März auf Vertreterversammlungen der Parion-Versicherten diskutiert und im Juni beschlossen werden. Dann könne sie rückwirkend zum 1. Januar 2001 in Kraft treten. Von einem geplanten Börsengang der Zwischenholding habe er nie gesprochen. Zwar sei die Gruppe dann kapitalmarktfähig, habe aber keine aktuellen Pläne für einen solchen Schritt. Allerdings könnten andere Vereine künftig leichter andocken.
Mit dem Jahr 2000 ist Peiner zufrieden. Mit einem Prämienzuwachs von 2,4 Prozent auf 3,9 Mrd. Euro bewege sich Parion marktkonform. „Bei den Kapitalanlagen war das Jahr überdurchschnittlich“, sagte Peiner. Im Februar 2000 habe sich die Gruppe komplett von allen Telekom-Aktien mit hohem Gewinn verabschiedet.
In der Lebensversicherung legte die Parion um 5,4 Prozent auf 1,43 Mrd. Euro zu. Allerdings ging das Neugeschäft wie bei den meisten Unternehmen zurück. In der Schaden-und Unfallversicherung sei das Neugeschäft „strukturell besser“ gewesen als in Vorjahren, sagte Peiner. Die Prämieneinnahmen wuchsen um nur 0,7 Prozent auf 1,41 Mrd. Euro. Insbesondere im Autogeschäft habe sich das Unternehmen von schadenträchtigen Großrisiken im Bereich Autoflotten getrennt.
Auf der Dauerbaustelle Krankenversicherung stiegen die Beiträge moderat von 678 Mio. Euro auf 685 Mio. Euro hoch. Die Zahl der Vollversicherten ging sogar leicht zurück. „In der Krankenversicherung hat die Bestandssanierung Vorrang“, sagte Peiner. „Das bedeutet auch, die Scheunen nicht aufzumachen. Unbefriedigendes Neugeschäft zu bekommen wäre kein Problem.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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