Versicherungsbranche bewegt sich bei Gentests

In der deutschen Versicherungswirtschaft gibt es Überlegungen, für fünf Jahre freiwillig auf die Nutzung von Gentest-Ergebnissen bei Vertragsabschlüssen zu verzichten. Damit will sie die Diskussion übereinen geplanten Gesetzentwurf entschärfen und ein mögliches Gesetz verzögern. Nach Informationen der Financial Times Deutschland wird ein entsprechendes Vorgehen zurzeit in der Branche diskutiert.

Die deutsche Assekuranz hat mehrfach erklärt, dass sie von sich aus keine Gentests bei Abschlusseiner Lebens-oder Krankenversicherung verlangen wird. Allerdings besteht die Branche bisher darauf, dass künftige Kunden die Ergebnisse von vorher aus medizinischen oder anderen Gründen durchgeführten Tests mitteilen. Sonst, so die Befürchtung, würden Menschen mit höherem Risiko sich gezielt hoch versichern und damit das System untergraben.

Die Bundesregierung plant eine gesetzliche Regelung – danach sollen Versicherer nur bei bestimmten Versicherungssummen nach Gentestergebnissen fragen dürfen. Die Forderung von Öffentlichkeit und Politik nach einem Verbot oder zumindest nach Einschränkungen bei der Nutzung von Gentests von Seiten der Versicherer werde lauter, sagte gestern Reinhard Renger, Ministerialrat im Justizministerium. „So unter Druck gesetzt, wird sich der Gesetzgeber kaum einer gesetzlichen Regelung verschließen oder entziehen wollen“, sagte Renger auf einer Tagung der Rückversicherung General Cologne Re.

Das Problem sei in der Praxis bisher kaum relevant, sagte er. In Österreich sei die Nutzung von Gentest-Ergebnissen seit 1994 verboten. Bisher gebe es keine praktischen Erfahrungen mit dem Gesetz – es gab keine Fälle. „Also lag wohl auch noch keine Regelungsnotwendigkeit vor“, sagte Renger. Befürchtungen in der Assekuranz, der Lebensversicherungsmarkt werde bei einem Verbot der Gentest-Nutzung zusammenbrechen, halten wissenschaftlicher Analyse nicht stand. Der Konstanzer Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Breyer sagte, dass die praktische Bedeutung des gezielten Versicherungskaufs durch Hochrisiko-Kunden unwesentlich sei.

Nur wenn das Sterberisiko von Kunden auf Grund einer genetischen Anlage zehnmal so hoch sei wie normal und diese Gruppe Verträge mit der zehnfachen Versicherungssumme abschließt, könne ein Problem entstehen – aber nur, wenn mindestens ein Prozent der Bevölkerung eine solche genetische Anlage in sich trägt. Das sei bei keiner bisher bekannten durch Anlagen begünstigten Erkrankung der Fall.

Quelle: Financial Times Deutschland

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