Bei Katastrophenschäden wie denen in New York und Washington, die der Versicherungsmarkt in ihren Ausmaßen und ihrem Schrecken vorher noch nie gesehen hatte, bei Erdbeben und Wirbelstürmen stehen die Rückversicherer für kurze Zeit im Rampenlicht. Sie arbeiten diskret hinter den Kulissen – schließlich haben sie keine Geschäftsbeziehungen mit den Versicherungskunden, sondern mit den Versicherern.
Ohne viel Aufsehen haben sich die Rückversicherer auch auf die Riester-Rente eingestellt. Denn auch hier gibt es Bedarf für ihre Dienstleistungen. „Wir hatten Anfragen, aber das aktuelle Geschäft hält sich bisher in Grenzen“, sagt Guido Brauns von der Hannover Rück.
Die Riester-Rente verändert ineinem Kernbereich eine Jahrzehnte alte Praxis der Versicherungsbranche. Seit 168 Jahren gibt es die so genannte „Zillmerung“ von Versicherungsverträgen, entwickelt 1863 vom Versicherungsmathematiker August Zillmer. Bei gezillmerten Policen zahlt der Kunde mit den Beiträgen der ersten Monate die Vertreterprovision und die anderen Abschlusskosten, spart also nichts an.
Bei Riester-Policen dagegen müssen die Abschlusskosten auf mindestens zehn Jahre verteilt werden. „Die Vertriebe sind aber Abschlussprovisionen gewohnt und wollen weiterhin eine Summe bei Vertragsabschluss sehen“, erläutert Christian Klausenberg von der Münchener Rück. Wer als Versicherer im Riester-Geschäft mithalten will und dafür motivierte Vertreter braucht, muss deshalb plötzlich die hohen Abschlusskosten vorfinanzieren, die bisher die Kunden direkt getragen haben.
„Hier haben gerade kleinere Gesellschaften leicht Liquiditäts-und Bilanzprobleme“, erläutert Brauns. Lösungsmöglichkeiten wie die Vorfinanzierung über ein Darlehen des Versicherers an die Vertreter sind bei den Verkaufstruppen unbeliebt.
Kapitalstarke Gesellschaften haben mit der Vorfinanzierung ebenso wenig Probleme wie die öffentlich-rechtlichen Versicherer, die vor allem über Sparkassenschalter verkaufen. Die Sparkassen sind verteilte, laufende Provisionen gewohnt. Anders ist das bei kleinen und mittleren Gesellschaften mit traditionellem Außendienst oder Strukturvertrieben. Bei ihnen haben die Rückversicherer eine Chance. Die Riester-Rente könnte einen großen Vorfinanzierungsmarkt bringen. „Wir sind mit unseren Kunden im Gespräch. Aber die Abschlusszahlen sind noch gering“, sagt Klausenberg von der Münchener Rück. „Der Markt reagiert noch verhalten“, weiß auch Michael Rohde von der Gothaer Rück, die das Geschäftsfeld intensiv pflegt.
Ein besonderes Problem für Erst-und Rückversicherer ist dabei die leicht mögliche Vertragskündigung bei Riester-Policen, das Storno. Aus traditionellen Lebensversicherungen konnten Kunden nur mit hohen Verlusten herauskommen, bei Riester geht das sehr einfach und mit geringen Kosten – der Versicherer bleibt auf den vorfinanzierten Provisionen sitzen. „Das muss natürlich vom Versicherer geregelt sein, etwa durch eine adäquate Stornohaftung der Vertreter“, sagt Klausenberg. „Wir können das Risiko nicht übernehmen.“ Auch die Hannover Rück will das Stornorisiko möglichst vermeiden. Anders sieht das die Gothaer Rück – sie will auch einen Teil dieses Risikos decken. „Dafür ist natürlich eine Risikoprämie fällig. Da spielt die Bonität des Versicherers eine große Rolle“, argumentiert Rohde.
Die Rückversicherer erwarten erst für 2002 Bewegung im Markt. „Unsere Kunden wollen nichts überstürzen“, so Rohde. Nur die Marktführer hätten schon größere Stückzahlen, kleine Gesellschaften oft nur wenige hundert Verträge. „Da stellt sich das Problem der Vorfinanzierung nicht.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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