Bundesregierung und Versicherungen im Grundsatz einig. Von Claus Hulverscheidt, Berlin,und Ilse Schlingensiepen, Köln
„Wir sind mitden Versicherern auf einem sehr guten Weg“ Justizministerium Fotocredit Versicherer – Bundesregierung und Versicherungswirtschaft haben sich im Grundsatz auf eine Änderung der Bilanzierungsregeln für die Branche verständigt und damit einen möglichen Crash am Aktienmarkt abgewendet. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, soll der Paragraf 341b Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs geändert werden, der die Versicherungen zur Bilanzierung nach dem so genannten „strengen Niederstwertprinzip“ verpflichtet. Die Vorschrift hätte in diesem Jahr dazu geführt, dass die Firmen wegen der stark gefallenen Wertpapierkurse große Teile ihres Aktienbesitzes aus steuerlichen Gründen hätten verkaufen müssen. Seite 11
Neue Bilanzregeln verhindern möglichen Crash am Aktienmarkt
Bundesregierung und Versicherungswirtschaft haben sich im Grundsatz auf eine Änderung der Bilanzierungsregeln für die Branche verständigt und damit einen möglichen Crash am Aktienmarkt abgewendet. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, soll der Paragraf 341b Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs geändert werden, der die Versicherungen zur Bilanzierung nach dem so genannten „strengen Niederstwertprinzip“ verpflichtet. Die Vorschrift hätte in diesem Jahr dazu geführt, dass die Firmen wegen der stark gefallenen Wertpapierkurse große Teile ihres Aktienbesitzes aus steuerlichen Gründen hätten verkaufen müssen.
Das zuständige Bundesjustizministerium wollte die Einigung noch nicht bestätigen, deutete aber an, dass eine Lösung unmittelbar bevorstehe. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, sagte eine Sprecherin.
Das „strenge Niederstwertprinzip“ verpflichtet die Versicherungen zunächst dazu, den Kauf von beispielsweise einer Million Aktien zu je 5DM mit 5Mio. DM in den Büchern auszuweisen. Steigt der Kurs, bleibt dieser Buchwert unverändert. Sinkt er aber unter den Einstandspreis, etwa auf 4DM, muss das Unternehmen im entsprechenden Jahr 1Mio. DM voll als Verlust abschreiben.
Der Verfall der Aktienkurse in diesem Jahr hat dazu geführt, dass bei den meisten Versicherern die Einstandspreise für große Teile ihres Aktienportefeuilles erreicht oder unterschritten sind. Bliebe die volle Bilanzierungspflicht bestehen, würden die Ergebnisse der Konzerne erheblich belastet. Als Alternative wäre geblieben, die Aktien unter Kaufpreis zu veräußern. Auch dies hätte Gewinneinbrüche zur Folge gehabt.
Welche Auswirkungen Großverkäufe hätten, zeigt ein Blick in die Statistik: Die Versicherer hielten Ende des ersten Quartals Kapitalanlagen mit einem Buchwert von 1779 Mrd. DM. Davon waren nach Schätzungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) 437 Mrd. DM direkt oder indirekt in Aktien angelegt. Ihr Marktwert beträgt laut GDV fast 700 Mrd. DM. Das wären mehr als 40 Prozent des deutschen Aktienmarktes von rund 1740 Mrd. DM. Würden die Versicherer auch nur zehn Prozent ihrer Bestände auf den Markt werfen, dürften Dax und Neuer Markt einbrechen.
In Zeiten steigender Kurse hatte die Branche das „strenge Niederstwertprinzip“ aus steuerlichen Gründen stets verteidigt. Nun aber wollen die Versicherer ähnlich behandelt werden wie Banken. Diese müssen Wertminderungen bei langfristig gehaltenen Aktien erst abschreiben, wenn der Wertverlust dauerhaft ist.
Quelle: Financial Times Deutschland
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