Von Birgit Strietzel und Herbert Fromme, Köln Die beiden Ostseewerften Kvaerner Warnow in Rostock-Warnemünde und Aker MTW im 60 Kilometer entfernten Wismar könnten schon in diesem Jahr zu einem Schiffbauunternehmen fusioniert werden. Das sagte ein Sprecher der Kvaerner-Gruppe in London. Damit würden der norwegisch-britische Schiff-und Anlagenbauer Kvaerner und die ebenfalls in Norwegen beheimate Aker RGI Holding einen weiteren Schritt zur vollständigen Fusion ihrer Werftinteressen gehen. Der Zusammenschluss in Deutschland hätte Pilotcharakter für eine Vollfusion aller 14 Kvaerner-und Aker-Werften.
Arbeitsplätze sollen nicht verloren gehen, sagte der Sprecher. Allerdings schließt die Gruppe Umverteilungen der Belegschaften zwischen den Betrieben nicht aus. Gestern hatten Aker und Kvaerner bekannt gegeben, dass sie das Management ihrer Werften zusammenlegen. Zum 15. Februar gründen sie die Aker Kvaerner Yards AS, an der die beiden Gruppen zu je 50 Prozent beteiligt sein werden. Bis zu einer Fusion bleiben die Werftbetriebe aber finanziell und juristisch eigenständig.
Aker hatte im November 2001 die Kontrolle über den angeschlagenen Kvaerner-Konzern gewonnen. Neben dem Bau und der Wartung von Öl-und Gasplattformen sind beide Gruppen stark im Schiffbau vertreten. Vor der Quasi-Übernahme durch Aker-Chef Kjell Inger Rokke – Aker hält nach zwei Kapitalerhöhungen mehr als 48 Prozent der Kvaerner-Anteile – hatte Kvaerner schon mehrere Werften verkauft, aber erfolglos Abnehmer für die drei Schiffbauunternehmen in Rostock, Philadelphia und Finnland gesucht.
Jetzt ist von Verkauf nicht mehr die Rede, stattdessen erhoffen sich die beiden Gruppen vom gemeinsamen Management erhebliche Synergieeffekte, die sich schon bis Ende 2002 auf 32 Mio. Euro belaufen sollen.
Vor allem in Einkauf und in Marketing sollen die Größeneffekte ins Spiel gebracht werden. Von den 14 Werften der beiden Gruppen liegen zwölf in Europa, jeweils eine in den USA und Brasilien. Gemeinsam bilden die Schiffbauer der beiden Gruppen den größten Werftkonzern Europas und den viertgrößten in der Welt. Insgesamt arbeiten in den Betrieben rund 13 500 Mitarbeiter. Der Gesamtumsatz beträgt 2,55 Mrd. Euro. Der gemeinsame Auftragsbestand umfasst 80 Schiffe mit einem Gesamtwert von rund 4,5 Mrd. Euro.
Sofort vollständig zusammenlegen wollen die Muttergesellschaften ihre Werften aber nicht. Dafür gibt es zahlreiche Gründe, unter anderem die angespannte finanzielle Situation mehrerer Betriebe und die Risiken, die mit Schiffbauaufträgen immer verbunden sind.
Die beiden ostdeutschen Werften Kvaerner Warnow und Aker MTW arbeiten schon seit geraumer Zeit Hand in Hand. Gerade erst ist eine Großsektion für das neue Kreuzfahrtschiff Aida Aura, das Aker MTW für Aida Cruises baut, bei Kvaerner Warnow fertig gestellt worden.
Kvaerner baut vor allem Containerfrachter. Allerdings hat die Werft in den letzten Jahren damit kaum Geld verdient – die Konkurrenz aus Korea und China war in diesem Marktsegment zu stark. Beide Werften leiden unter den von der EU verordneten Kapazitätsbeschränkungen. Die früheren Staatswerften der DDR wurden mit Milliarden aus der Bundeskasse zu hochmodernen Schiffbaubetrieben ausgebaut.
Die EU-Kommission erlaubte die Subventionen in der von Überkapazität geplagten Schiffbaubranche mit der Auflage, dass die Werften ihre Kapazität nicht erhöhen dürfen. Gegen einen Strafbefehl der EU-Kommission wegen Überschreitung der Grenzen hat Kvaerner geklagt. „Wir erwarten ein Urteil bis Ende März“, sagte der Sprecher. Unter der jetzt beschlossenen einheitlichen Führung können die beiden Ostseewerften auch mit diesem Problem leichter fertig werden.
Kvaerner Warnow
In Rostock bauen 1250 Beschäftigte Frachter, Offshore-Ölinstallationen und Teile für Kreuzfahrtschiffe. Derzeit sind sechs Containerschiffe bestellt. Die Werft ist bis zum Jahr 2003 ausgelastet – genau wie die Schwesterwerft.
Aker MTW
Die frühere Mathias-Thesen-Werft in Wismar beschäftigt 1380 Mitarbeiter. Das Produktionsprogramm ähnelt dem von Kvaerner: Zwölf Containerfrachter und zwei Kreuzfahrtschiffe stehen im Auftragsbuch. Beide Werften sind bisher nicht im Kriegsschiffbau tätig.
Quelle: Financial Times Deutschland
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