Die Meyer-Werft in Papenburg muss möglicherweise auf staatliche Beihilfen in Höhe von 35 Mio. Euro für den Bau des Kreuzfahrtschiffes „Jewel of the Seas“ verzichten. EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti steht nach Angaben aus seinem Haus einer Ausnahmegenehmigung für die Werft bis 2004 ablehnend gegenüber und plant die Einleitung eines Prüfverfahrens.
In Brüsseler Kommissionskreisen hieß es gestern, es gebe Zweifel, dass die Folgen des 11. September allein geltend gemacht werden könnten, um eine Ausnahme vom Beihilfe-Regime für den Schiffbau-Sektor zu erhalten. Sollten die Bedenken nicht ausgeräumt werden können, wäre ein Prüfverfahren der „normale Schritt“, hieß es in Brüssel.
Ein Kommissionssprecher sagte, die Entscheidung über den Fall der Meyer-Werft sei noch nicht gefallen. Monti ist aber offenbar entschlossen, das Beihilfeverfahren einzuleiten. Die Terroranschläge könnten nur als „höhere Gewalt“ berücksichtigt werden, wenn sie eine direkte Auswirkung für die Unternehmen gehabt hätten, hieß es. Für die Bewältigung indirekter Folgen könnten keine Subventionen akzeptiert werden.
Neuer Ärger mit Brüssel
Da die Bundesregierung, die für die Meyer-Werft die Ausnahme-Regelung beantragt hatte, die entsprechende Regelungen der Schiffbau-Richtlinie anders interpretiert, bahnt sich neuer Ärger in dem ohnehin gespannten Verhältnis zwischen Berlin und Brüssel an. Die geltende Richtlinie lässt generell Subventionen nur noch bis Ende 2003 zu, macht aber in Härtefällen Sondergenehmigungen möglich, „sofern äußere Umstände zu unerwarteter Beeinträchtigung der Arbeiten auf der Werft“ führen. Diese Klausel will der Wettbewerbskommissar indessen sehr restriktiv auslegen. Der 11. September habe Beeinträchtigungen beim Schiffseigner, nicht aber bei der Werft verursacht, sagten Kommissionsmitarbeiter.
Auftraggeber für die „Jewel of the Seas“ ist die Royal Caribbean Cruises. Die Reederei will den Luxusliner erst im Frühjahr 2004 abnehmen.
Die Meyer-Werft erklärte unterdessen, sie käme im Falle eines Negativ-Bescheids aus Brüssel nicht in „Existenznöte“. Das Schiff werde trotzdem gebaut. Die Werft hofft nach FTD-Informationen auf einen neuen Auftrag aus Frankreich. Im April könnte der Vertrag für den Bau einer Autofähre mit der französischen Fährreederei Brittany Ferries abgeschlossen werden.
Rainer Koch, Brüssel, und Katrin Berkenkopf, Köln
Quelle: Financial Times Deutschland
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