MLP spürt Unzufriedenheit der Börse

Anleger mahnen mehr Transparenz an · Zweifel am Geschäftsmodell des Finanzvertriebs

Von Rolf Lebert, Frankfurt, und Herbert Fromme, Köln Zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen musste sich der Heidelberger Finanzvertrieb MLP AG gegen Angriffe auf seine Bilanzierungspolitik wehren. Erneut war es das Anlegermagazin „Börse Online“, das mit einem vorab veröffentlichten Artikel am Mittwochabend den Steilflug einleitete. Wie schon am 16. Mai reagierte die Aktie ungewöhnlich empfindlich auf einen einzelnen Zeitschriftenartikel.

Es half dem MLP-Chef Bernhard Termühlen wenig, dass er sich gestern Nachmittag mit einer dreiseitigen Erklärung bemühte, den Druck von der Aktie zu nehmen. Darin versucht er, die wesentlichsten Vorwürfe des Magazins zu entkräften, ging allerdings nicht auf alle Vorwürfe ein. Der Zeitschrift droht Termühlen juristische Schritte an, die nach der Attacke vom 16. Mai ausblieben.

Der Erfolg war mäßig: Minus 2,3 Prozent und damit ein Kurs von 32,52 Euro am Abend waren das ernüchternde Ergebnis der mit Strafandrohung bewehrten Seelenmassage des MLP-Vorstands. Nach einem Sturz um 20 Prozent am Mittwoch hatte die Aktie gestern mit minus 13 Prozent eröffnet. „Das sind Kurssprünge wie bei einem mittellosen Startup. Von einem gestandenen Dax-Wert erwartet man etwas anderes“, sagte ein Händler.

Wie schon nach der ersten Attacke von „Börse Online“ waren die Analysten gespalten. Während etwa Trinkaus & Burkhardt in Treue fest zu MLP stand und Analystin Rabea Bastges ihre Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 79 Euro bekräftige, empfahl Analyst Sven Janssen vom Bankhaus Metzler, die Aktie zu verkaufen.

Bastges meint, dass es bei MLP weniger um Bewertungen denn um Emotionen geht. Dagegen gilt Janssens Hauptkritik der aus Anlegersicht „nicht immer befriedigenden Transparenz“ des Unternehmens. Auch Thorsten Karbaum von der WestLB Panmure glaubt, dass MLP ein Problem mit Transparenz und Informationspolitik hat. Dabei hält Karbaum an seinem Kursziel von 78 Euro fest.

Diese Sichtweisen zeigen in aller Schärfe die Crux der MLP-Aktie auf: Die Beurteilung des Unternehmens ist zu einer Glaubensfrage geraten. Während acht von zehn Analysten, wenngleich vermehrt mit Abstrichen, weiter an die MLP-Story glauben, stimmen die Investoren mit dem Geldbeutel ab und ziehen sich zurück. „So kann es nicht weitergehen“, sagte ein Aktienhändler. Noch nie habe sich ein Dax-Unternehmen ein alle vier Wochen wiederkehrendes Scharmützel über die Klarheit seiner Rechnungslegung geliefert. „Das Vertrauen ist dahin“, sagte er.

MLP hatte nach der letzten Auseinandersetzung erklärt, man wolle die Kommunikation mit Anlegern und Öffentlichkeit verbessern. Auch soll ein Finanzvorstand – den das Unternehmen bisher nicht hatte – ernannt werden. Die renommierten Wirtschaftsprüfer Ernst & Young sollen jetzt zusätzlich prüfen, obwohl der Vorstand weiterhin eine Sonderprüfung ablehnt. Außerdem bleiben die bisherigen Prüfer Rölfs WP Partner auch weiter aktiv.

Bei manchen institutionellen Anlegern mehren sich – im Gegensatz zur Mehrzahl der Analysten – inzwischen auch Zweifel am langfristigen Erfolg des MLP-Geschäftsmodells. Das Modell beruht auf der enormen Vertriebsstärke in einer lukrativen Zielgruppe, vor allem bei Akademikern.

Aber während MLP keine Probleme hat, stolze Kundenzahlen aufzuweisen, stellt sich die Frage, wie lange es noch so viele gute Produktlieferanten wie heute findet. MLP ist für Versicherer und Fondsanbieter sehr teuer, die Provisionssätze liegen um 20 bis 50 Prozent über denen anderer Vertriebswege. Gerade Lebensversicherer sind unter enormem Kostendruck.

Die MLP-eigenen Produkte sind keine Antwort: Hier verkauft das Unternehmen fast nur fondsgebundene Policen, die zumindest mittelfristig Probleme haben, wenn die Aktienmärkte flach bleiben.

Sven Janssen vom Bankhaus Metzler hat keine Kritik am Finanzvertrieb der MLP selbst, wohl aber an der Gründung von Tochtergesellschaften mit dem Ziel, eigene Produkte zu kreieren und so eine neue Wachstumsdynamik zu erzeugen. „Mit dem Vertrieb allein sind allerdings die Wachstumsraten von 30 Prozent pro Jahr auf Dauer nur schwer zu erzielen“, sagt Janssen

Zitat:

„Das wirkt wie ein Versuch, MLP gezielt zu schaden“ – MLP-Chef Termühlen

Bild(er):

MLP-Vorstandschef Bernhard Termühlen sieht einen „Wust von Unwahrheiten und Tatsachenverdrehungen“. Die Börse strafte MLP trotzdem ab – FTD/Andreas Varnhorn.

Quelle: Financial Times Deutschland

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