Alte Leipziger glaubt an Erfolg der Wende

Versicherer konzentriert sich erfolgreich auf Kerngeschäfte · Betriebliche Altersvorsorge im Fokus

Von Herbert Fromme, Oberursel Von 1998 bis Anfang 2001 war die Versicherungsgruppe Alte Leipziger (AL) regelmäßig in den Schlagzeilen – aber selten mit positiven Meldungen. Stattdessen bestimmten Vorstandsturbulenzen, Fusionsgerüchte, sinkende Marktanteile und schlechte Stimmung im Betrieb das Bild der Gruppe, die von zwei Versicherungsvereinen geführt wird, der Alten Leipziger Leben und der Halleschen-Nationalen Krankenversicherung.

Jetzt, glaubt Vorstandschef Hermann Gühring, hat die Alte Leipziger die Wende geschafft. Die Zahlen für das Jahr 2001 belegten, dass sie „gut, in wesentlichen Bereichen sogar sehr gut abgeschnitten hat“.

Zeit wäre es. Unter dem heftigen Druck der großen Konkurrenten hatte die Gruppe in den 90ern Jahr für Jahr Marktanteile in Kerngeschäftsfeldern wie der betrieblichen Altersversorgung verloren, leistete sich einen sehr teuren Vertrieb und verzettelte sich auf Nebenkriegsschauplätzen.

Vor vier Jahren kam es zum großen Krach, der langjährige Chef Hanns-Jürgen Weigel musste gehen. Das brachte aber noch keine Ruhe. Zahlreiche Vorstände wurden ausgewechselt, Fusionsverhandlungen mit mindestens zwei Gruppen – Parion und HDI – endeten ohne Ergebnisse. Um Mittel für die Rückgewinnung von Marktanteilen im Kerngeschäft Leben zu gewinnen, verkaufte die AL in 2000 ihre Töchter in Osteuropa und ihren Rückversicherer an die Münchener Rück. Schließlich wurde Anfang 2001 mit Axel Holzwarth der nächste Vorstandschef der AL Leben entlassen.

Seitdem führt Gühring beide Konzern-Obergesellschaften. Nicht nur die einheitliche Führung, auch die Konzentration auf die Kerngeschäftsfelder tun der Gruppe gut.

Der Erlös aus den Verkäufen wurde offenbar erfolgreich eingesetzt. Jetzt hat das Unternehmen im zentralen Geschäftsbereich betriebliche Altersvorsorge wieder einen Anteil von 4,5 Prozent – vor drei Jahren war der auf unter 2 Prozent abgesackt.

Beim Neugeschäft legte das Unternehmen um 15,1 Prozent auf 319 Mio. Euro zu, bei den Beiträgen um 4 Prozent auf 1,096 Mrd. Euro. Der Gesamtmarkt konnte ein Wachstum von nur 1,9 Prozent vorlegen. Die Hallesche-Nationale (die gerade in Hallesche umbenannt wird) mit Sitz in Stuttgart war von den Unruhen der letzten Jahre ohnehin immer weniger betroffen als die Schwestern in Oberursel. Sie setzte ihren erfolgreichen Kurs 2001 fort: Das Neugeschäft stieg um 19,3 Prozent auf 4,3 Mio. Euro Monats-Sollbeitrag, die Beiträge um 6,4 Prozent auf 628 Mio. Euro. Die Zahl der Kunden mit Kranken-Vollversicherung nahm um 5,4 Prozent auf 177 000 zu, wieder deutlich über den 2,9 Prozent der Branche.

„Wir machen das, was wir gut können“, sagte Gühring. Teil dieser Rückbesinnung ist die Neuaufstellung der eher kleinen Sachversicherung. Deren Prämien gingen „planmäßig“ um 2,5 Prozent auf 401 Mio. Euro zurück. Die Alte Leipziger Versicherung trennt sich vom Industrie-und Teilen des Autoportfolios.

In den ersten fünf Monaten setzte die Gruppe die Erfolge fort, die AL Leben steigerte das Neugeschäft um 21 Prozent. Ob der positive Trend anhält, hängt im wesentlichen von den zwei Faktoren Vertrieb und Kapitalrendite ab. Beim Vertrieb kommen 80 Prozent von Maklern, 20 Prozent von Vertretern. Die Maklerbetreuung ist teuer, trotzdem hat die AL hier die Kosten erfolgreich gesenkt.

Ihre Kunden – gerade die aus der betrieblichen Altersvorsorge – lockt die Gruppe mit hohen Verzinsungen. Trotz Börsencrash und Niedrigzinsen im Markt erwirtschaftete die AL Leben immer noch 7,14 Prozent Nettoverzinsung, nach 8,25 Prozent im Vorjahr. Da halfen sicher noch die Unternehmensverkäufe.

Aber wie lange kann die AL Leben so hohe Kapitalerträge erzielen? Die Bewertungsreserven, also die Differenz zwischen Buchwert der Kapitalanlagen und ihrem Marktwert, schmelzen zusammen. Sie betrugen Ende 2001 nur noch 877 Mio. Euro oder 7,2 Prozent der Kapitalanlagen – deutlich unter den 1,43 Mrd. Euro des Vorjahres. Knapp die Hälfte der stillen Reserven bestand auf Grundstücken und Gebäuden, die nur schwer flüssig gemacht werden können.

Inzwischen dürfte auch ein Teil der 877 Mio. Euro in den taumelnden Aktienmärkten verdampft sein. Die genaue Summe will Vorstand Wolfgang Stertenbrink nicht nennen. Aber er ist zuversichtlich: „Wir stehen gut da.“ Eine überdurchschnittliche Verzinsung sei auch mittelfristig gesichert.

Zitat:

„Wir machen das, was wir gut können“ – Konzernchef Hermann Gühring

Bild(er):

Hauptverwaltung der Alten Leipziger in Oberursel. Der mittelgroße Versicherer hat schwere Zeiten hinter sich – Alte Leipziger.

Quelle: Financial Times Deutschland

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