Credit Suisse muss sich neu organisieren

Spekulationen über Verkauf der Versicherungstochter Winterthur · Moody’s senkt Rating

Von Herbert Fromme, Köln, und Claudia Wanner, Frankfurt Nach dem schweren Personalgewitter in der Topetage der Schweizer Finanzgruppe Credit Suisse (CS) erwartet die Branche weitreichende Änderungen in der Unternehmensstruktur. Gerüchte über den Verkauf der Versicherungstochter Winterthur werden zwar von der CS dementiert. „Es gibt keine neue Strategie“, sagte ein Sprecher. Doch in Zürich ist es ein offenes Geheimnis, dass Oswald Grübel, der neue Mann an der Spitze von Credit Suisse Financial Services (CSFS), kein Freund des Allfinanzgedankens ist und über einen Ausweg aus der verfahrenen Lage nachdenkt.

Sein entlassener Vorgänger Thomas Wellauer kommt von der Winterthur. Wellauer gilt als langjähriger Vertrauter des angeschlagenen Konzernchefs Mühlemann und wurde unter der Hand schon als dessen Nachfolger genannt.

Grübel muss bald handeln. Der Versicherer hängt wie ein Mühlstein am Hals der Bank. Das machte die Rating-Agentur Moody’s den Managern am Freitag deutlich, als sie ihren Ausblick für die Schulden der CS, die derzeit mit der viertbesten Note „Aa3“ bewertet sind, von „stabil“ auf „negativ“ senkte und die Tochter Winterthur auf die Watchlist für eine mögliche Herabstufung setzte. Trotz 1,7 Mrd. Schweizer Franken frischen Geldes, die von der CS im Juni für die Winterthur aufgebracht werden mussten, sei der Versicherer vergleichsweise dünn kapitalisiert, erklärte Moody’s.

Auch die Analysten der Bank Pictet sehen eine Unterdeckung beim Winterthur-Eigenkapital allein in der Lebensversicherung von 3,2 Mrd. Franken. Nicht gerade beliebt gemacht hat sich die Gruppe auch durch eine besondere Aktion: Der Versicherer verkaufte Immobilien für 1 Mrd. Franken an eine CS-eigene Immobilienfirma und mietete die Gebäude zurück. Der dabei entstandene Gewinn half der Winterthur, das katastrophale Jahr 2001 besser zu überstehen.

Die Schweizer Großbank ist gleich in mehrfacher Hinsicht in Bedrängnis, denn nicht nur bei der Winterthur laufen die Geschäfte schlecht. Die Investmentbank Credit Suisse First Boston (CSFB) hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 2,3 Mrd. Franken erwirtschaftet. Für das laufende Jahr wird ein neuerliches Minus nicht ausgeschlossen. Der Stern von Lukas Mühlemann, 1997 vom Ehrenvorsitzenden der CS Rainer Gut auf dem Chefsessel gehoben, ist tief gesunken.

Seit der Übernahme der Winterthur 1997 hatte die CS kaum Freude an ihrer Erwerbung. Die viel beschworenen Synergieeffekte konnten nur in geringem Umfang in der Schweiz realisiert werden, in fast allen anderen Märkten blieben sie aus. 2001 trennte sich die CS bereits vom Industrie-und Rückversicherungsgeschäft, der Winterthur International. Der Bermuda-Rückversicherer XL kaufte die Sparte für 600 Mio. $.

„Der Versicherer ist eben nicht das stabile Standbein, das er eigentlich sein sollte“, sagt Analyst Thomas Kalbermatten von der Bank Sarasin. Mittelfristig müsse sich die CS von Winterthur verabschieden. „Ich glaube aber nicht an einen kurzfristigen Verkauf. Die Preise für Versicherer sind im Keller, und ich sehe auch keinen Käufer.“ Andere Branchenkenner sind da nicht so sicher. „Alle europäischen großen Gruppen würden sich sofort für die Winterthur oder Teile interessieren“, sagte ein Schweizer Versicherungsvorstand. Das gelte für Axa, Allianz, Generali und Münchener Rück/Ergo ebenso wie für Zürich oder Fortis.

Sicher scheint, dass ein Verkauf der Versicherungstöchter in den USA schon sehr bald bevorsteht. Unwahrscheinlich ist ein Verkauf der Winterthur Leben an die Rentenanstalt Swiss Life oder ein Tausch gegen die Banca del Gottardo. „Das würden die Kartellbehörden nie mitmachen. Kombiniert hätten Winterthur und Swiss Life mehr als 50 Prozent Marktanteil“, sagt ein Insider.

Bild(er):

Hauptverwaltung der Credit Suisse in Zürich: Für die Tochter Winterthur interessieren sich alle großen europäischen Versicherer – Vario-press.

Quelle: Financial Times Deutschland

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