Von Herbert Fromme, Köln Die renommierte Rating-Agentur Standard & Poor’s sieht die geplante Kooperation zwischen den Versicherern Gerling und HDI kritisch. Gestern setzte S&P die Aussichten für Kreditwürdigkeit und Finanzstärke der Gerling-Konzern Allgemeine (GKA) und der Gerling-Konzern Lebensversicherung (GKL) auf die Beobachtungsliste (Credit Watch) mit „veränderlichen“ Aussichten. Beide Unternehmen haben die Einstufung „A-„.
Die Aussichten beim HDI und seine Tochtergesellschaften wurden auf Credit Watch mit negativen Aussichten gesetzt. Der HDI hat zur Zeit eine Bewertung von „AA-„, die Hannover Rück – die Nummer fünf unter den Rückversicherern der Welt – von „AA“. Ein Gerling-Sprecher sagte, die S&P-Maßnahme sei bedauerlich. Ein HDI-Sprecher wurde deutlicher. „Wir können das nicht nachvollziehen.“ Grund für die Änderung sei allein die in der vergangenen Woche unterzeichnete Vertraulichkeitserklärung von Gerling und HDI.
Die beiden Versicherer führen Verhandlungen über eine enge Zusammenarbeit. Seit Montag sind sie im Stadium der genauen Prüfung, der Due Diligence. Allerdings will der HDI den zum Verkauf stehenden Gerling-Konzern nicht übernehmen, sondern Teile mit eigenen Geschäftsfeldern zusammenlegen. Die beiden Gerling-Aktionäre Rolf Gerling, der 65,5 Prozent hält, und Deutsche Bank (34,5 Prozent) würden dann mit Aktien der HDI-Zwischenholding Talanx abgefunden. Aus dem Gerling-Konzern ist zu hören, dass der Enthusiasmus für das Vorhaben bei HDI-Chef Wolf-Dieter Baumgartl größer ist als bei den Gerling-Anteilseignern. Sie verhandeln außerdem mit US-Investoren und anderen Interessenten. Vor allem der Tausch von Gerling-Aktien in andere Papiere dürfte für Rolf Gerling und die Deutsche Bank wenig attraktiv sein.
„Unsere Maßnahmen bei GKA und GKL sind darauf zurückzuführen, dass die Zusammenarbeit mit einem höher bewerteten Partner die finanzielle Stärke der beiden Gesellschaften verbessern könnte, wenn denn die Gespräche erfolgreich beendet werden“, erklärte S&P-Analystin Karin Clemens. Außerdem hänge viel von den ausgehandelten Bedingungen ab. Beim HDI macht sie sich mehr Sorgen. „Die Zusammenarbeit mit Gerling könnte die bereits starke Position vor allem im Industriegeschäft und in der betrieblichen Altersversorgung weiter kräftigen“, erklärte Clemens weiter. „Aber gleichzeitig erzeugt sie Unsicherheiten in Bezug auf mögliche Auswirkungen auf das Eigenkapital und die Integrationsrisiken.“
Versicherer und Rückversicherer, reagieren äußerst sensibel auf Änderungen ihrer Ratings. Diese beeinflussen nicht nur, wie bei anderen Unternehmen, ihre Kapitalkosten, sondern auch die Kundenbasis. Ein Industriebetrieb oder ein Erstversicherer legt bei der Auswahl eines Partners, auf dessen Finanzstärke er sich möglicherweise Jahre später verlassen können muss, sehr viel Wert auf ein gutes Rating.
Kein Wunder, dass sich die Hannover Rück sofort mit einer Stellungnahme zu Wort meldete. Das Unternehmen sei an den Gesprächen zwischen HDI und Gerling nicht beteiligt. Bei den eigenen Verhandlungen mit der Gerling Globale Rück (GGR) gehe es ausschließlich um Teile des europäischen Lebens-Rückversicherungsgeschäfts. „Eine weitere Zusammenarbeit zwischen Hannover Rück und Gerling Globale Rück ist nicht beabsichtigt“, erklärte das Unternehmen.
Der Gerling-Konzern bestritt gestern, dass die Krise seines Rückversicherers finanzielle Auswirkungen auf die Holding Gerling-Konzern Beteiligungs-AG haben wird. Die GGR wickelt ihr Schaden-und Unfall-Rückversicherungsgeschäft ab und gibt das Lebensgeschäft an eine neue Lebens-Rückversicherungsgesellschaft ab. Die Holding hatte in den letzten elf Monaten mehrere Hundert Millionen Euro frisches Geld in die defizitäre GGR gepumpt. Trotzdem gebe es bei der Holding jetzt keinen Abschreibungsbedarf. „Die Gerling Globale Rück ist werthaltig“, sagte der Sprecher.Euro
Quelle: Financial Times Deutschland
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