Unsicherheit um Zukunft von HDW-Werft

ThyssenKrupp und Ferrostaal sagen geplante Übernahme von Minderheitsanteil ab “ Neue Lösung nicht geklärt

Von Herbert Fromme, Köln, und Kirsten Bialdiga, Düsseldorf Die geplante Übernahme von jeweils 15 Prozent an der Werft Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW) in Kiel durch ThyssenKrupp und die MAN-Tochter Ferrostaal findet nach Informationen der Financial Times Deutschland nicht statt. Die drei Unternehmen wollen in dieser Woche ihren frisch ausgehandelten Kooperationsvertrag unterzeichnen, ohne dass sich ThyssenKrupp und das Handelshaus Ferrostaal – wie ursprünglich beabsichtigt – an dem Kieler U-Boot-Spezialisten beteiligen.

Damit steht die in den Turbulenzen um HDW und den früheren Mehrheitseigner Babcock Borsig gefundene Lösung für eine Neuordnung der deutschen Kriegsschiffwerften wieder auf dem Prüfstand. Nach Ansicht von Branchenkennern könnte mittelfristig sowohl ein Verkauf an Dritte als auch eine vollständige Übernahme von HDW durch ThyssenKrupp herauskommen.

Eine offizielle Stellungnahme von ThyssenKrupp und Ferrostaal war gestern nicht zu erhalten.

Der Kooperationsvertrag ersetzt ein ähnliches Abkommen, das Ende des Jahres ausläuft. Es legt fest, wie die beiden Schiffbaugruppen und das Handelshaus Ferrostaal vor allem im Exportgeschäft zusammenarbeiten: ThyssenKrupp hat die Federführung bei Aufträgen für Überwasser-kriegsschiffe, HDW für U-Boote. Der Bau der Schiffe wird in der Regel geteilt, so werden die meisten U-Boote in zwei Hälften in Kiel und Emden (bei der ThyssenKrupp-Tochter Nordseewerke) gebaut. Ferrostaal wiederum spielt eine wichtige Rolle als Vermittler von Aufträgen und von Gegengeschäften, die vor allem bei internationalen Rüstungsaufträgen von großer Bedeutung sind.

Bisher hatten ThyssenKrupp und Ferrostaal vom HDW-Eigner One Equity Partners (OEP) eine Minderheitsbeteiligung als Voraussetzung für die Neuauflage des Vertrags verlangt. Davon sind sie jetzt abgerückt. „Mit 15 Prozent kann eigentlich niemand etwas anfangen“, sagte ein Manager. Außerdem habe OEP jetzt mehr Flexibilität, einen oder mehrere Käufer für die vollen 100 Prozent an HDW zu suchen.

Die US-Investmentfirma OEP hatte HDW in diesem Jahr von Babcock-Borsig in zwei Tranchen übernommen. Der Deal war von Anfang an umstritten: Der damalige Babcock-Chef Klaus Lederer hatte langjährige Geschäftskontakte zu OEP-Managern und wechselte nach dem Verkauf zu HDW. Kritiker behaupteten, der Verkauf habe zu den Finanzproblemen bei Babcock Borsig und damit zu der Insolvenz beigetragen.

Der Einstieg von OEP wurde gleichzeitig als erster Schritt einer Übernahme von HDW durch US-Rüstungskonzerne angesehen. Der geplante Verkauf von 20 Prozent an Northrop Grumman schien solche Befürchtungen zu unterstützen. Inzwischen hat sich die Situation beruhigt. Northrop Grumman hat kein Interesse mehr. Und wegen der heftigen Kritik verließ Lederer Ende September die Werft. Er wurde durch den Industriemanager Helmut Burmester ersetzt, der bei HDW nach dem aufgeregten Führungsstil Lederers wieder Ruhe einkehren ließ.

Lederers Abgang scheint auch den Gesprächen zwischen den drei beteiligten Gruppen gut getan zu haben. „Es ist wieder eine vertrauensvolle Atmosphäre eingezogen“, sagte ein beteiligter Manager. Das nährt Spekulationen über eine mögliche vollständige Übernahme von HDW durch ThyssenKrupp. Der Finanzinvestor OEP wird in wenigen Jahren sein Engagement gewinnbringend beenden wollen. Die Bundesregierung – einer der größten Kunden für die beiden Werftengruppen – verlangt seit Jahren ein enges Zusammenrücken. „Wenn eine deutsche Werftenlösung sinnvoll ist, wird OEP sich dem sicherlich nicht verschließen“, sagte ein Manager aus dem Umfeld der Investmentfirma.

Die HDW-Gruppe erwartet für 2002 sehr gute Zahlen. Die Gesamtleistung wird auf 980 Mio. Euro beziffert, das Auftragsbuch für die 6600 Beschäftigten in Kiel und in den weiteren Standorten auf insgesamt 6,5 Mrd. Euro.

Zitat:

„Ein Kooperationsvertrag soll diese Woche unterschrieben werden“

Bild(er):

Von HDW gebautesU-Boot. Der Bund ist Großkunde – HDW.

Quelle: Financial Times Deutschland

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