Swiss Re kürzt erstmals seit 1906 Dividende Schweizer Rückversicherer weist erneut Verlust aus “ Dreijähriges Börsendebakel führt zu Milliardenabschreibungen.
Von Herbert Fromme, Köln Swiss Re, weltweit der zweitgrößte Rückversicherer, hat die Märkte gestern mit einem erneuten Jahresverlust überrascht. Das Unternehmen erwartet ein Defizit von rund 100 Mio. Schweizer Franken (68 Mio. Euro). 2001 hatte die Swiss Re einen Verlust von 165 Mio. Franken verbucht – wegen des Anschlags auf das World Trade Center ein Ausnahmejahr. Noch 2000 hatte der Schweizer Rückversicherer einen Gewinn von 2,97 Mrd. Franken gemeldet.
Auch die Dividende soll für 2002 gekürzt werden – erstmals seit dem großen Feuer von San Francisco im Jahr 1906, das die Swiss Re hart traf. Die genaue Höhe der Zahlung steht noch nicht fest.
Für 2001 waren 2,50 Franken an die Aktionäre ausgeschüttet worden. Die stetige Dividende war für die Swiss Re bisher immer sehr wichtig.
In Folge der schlechten Nachrichten stürzte die Aktie um zwölf Prozent auf 67,65 Franken ab.
„Wir sind sehr enttäuscht vom Jahr 2002“, sagte John Coomber, der zum 1. Januar dieses Jahres Walter Kielholz als Konzernchef abgelöst hat. „Wegen der Entwicklung der Kapitalmärkte kommen Investoren nicht in den Genuss der wirklich positiven Entwicklung unseres Kerngeschäfts“, sagte er in einer Telefonkonferenz mit Analysten.
Die Swiss Re fügt sich ein in die Reihe prominenter Versicherer und Rückversicherer, die ihren Anlegern in den letzten Wochen schlechte Nachrichten überbringen mussten. Allerdings unterscheidet sich der Weltmarktzweite in einem Punkt deutlich von Wettbewerbern, vor allem der Münchener Rück: Die Swiss Re musste die Schadenreserven für frühere Jahre nicht in nennenswertem Umfang aufstocken.
Bei der Münchener Rück dagegen beeinflussen die Altlasten die Ergebnisse für das Jahr 2002 maßgeblich, zusätzlich zum Abschreibungsbedarf.
Der Versuch von Konzernchef Coomber, den positiven Trend des Kerngeschäfts Rückversicherung vom negativen Ergebnis der Kapitalanlagen abzutrennen, überzeugte allerdings nicht vollends.
Den Swiss-Re-Managern ist klar, dass beide Seiten zusammengehören: Nur mit hohen Reserven kann der Rückversicherer seine Aufgaben, nämlich große Risiken der Erstversicherer abzudecken, wahrnehmen.
Diese Reserven müssen gewinnbringend angelegt werden. Verluste in den Kapitalanlagen schlagen sich deshalb über kurz oder lang auch im Kerngeschäft nieder, zum Beispiel in der Eigenkapitalausstattung und damit in der Fähigkeit, kräftig zu wachsen. Die Börsenschwäche führte bei der Swiss Re zu dem gewaltigen Abschreibungsbedarf von 3,4 Mrd. Franken für 2002, verglichen mit 0,7 Mrd. Franken im Vorjahr. Das Unternehmen musste in großem Stil Aktien verkaufen, bei denen noch ein Gewinn erzielt werden konnte. Daraus verbuchte es 3,1 Mrd. Franken Gewinn, nach 3,4 Mrd. Franken im Vorjahr. Der Gesamtertrag aus Kapitalanlagen lag mit 4,7 Prozent nicht nur deutlich unter den acht Prozent des Vorjahres, sondern auch zwei Prozentpunkte unter dem langfristigen Renditeziel.
Damit ist das Polster deutlich zusammengeschmolzen: Die stillen Reserven gingen von 4,64 Mrd. Franken Ende 2001 auf 2,25 Mrd. Franken ein Jahr später zurück. Finanzchef John Fitzpatrick erwartet, dass 2003 die Hauptrisiken der Swiss Re nicht mehr in den Aktien liegen. Mit einer Aktienquote von unter acht Prozent der Kapitalanlagen – Ende 2001 waren es noch 20 Prozent, 1998 sogar 36 Prozent – sei die Swiss Re jetzt auch für alle politischen Unwägbarkeiten gerüstet. „Die größte Herausforderung wird 2003 aus dem Zinsrisiko bei den festverzinslichen Kapitalanlagen kommen“, sagte Fitzpatrick. Der Finanzchef fürchtet, dass ein Zinsanstieg zu Abschreibungsbedarf auf die zu niedrigen Zinsen gekauften Bonds führen könnte.
Die positive Entwicklung der Rückversicherungsmärkte konnte 2002 unmöglich die heftigen Schläge aus den Kapitalanlagen ausgleichen, trotz deutlicher Verbesserungen im operativen Geschäft. 2003 werde der positive Trend sich fortsetzen, sagte Vorstandsmitglied Stefan Lippe.
Preissteigerungen von durchschnittlich zehn Prozent habe man bei den Vertragserneuerungen für 2003 durchsetzen können. Allerdings variiert die Marktverhärtung stark nach Geschäftsfeldern und Regionen. Deutsche Erstversicherer mussten zwischen fünf Prozent in der Sach-Rückversicherung und 25 Prozent in der Haftpflicht drauflegen, um Rückdeckungen bei der Swiss Re zu bekommen.
Zitat:
„Wir sind sehr enttäuscht vom Jahr 2002“ – John Coomber, Konzernchef der Swiss Re.
Quelle: Financial Times Deutschland
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