Versicherer führt Gespräche mit Interessenten · S&P überprüft heute Rating · Konzernchef Björn Jansli im FTD-Interview
Von Herbert Fromme, Köln Der krisengeschüttelte Gerling-Konzern will schon in wenigen Wochen finanzkräftige Investoren für die Kerngesellschaft Gerling-Konzern Allgemeine (GKA) vorweisen. „Wohl noch im Juli“ wolle Gerling Investoren konkret ansprechen, sagte Konzernchef Björn Jansli im Gespräch mit der FTD. Vorgespräche werden bereits geführt.
Keine Aussage machte Jansli zu den Gesprächen mit Berkshire Hathaway. Der US-Rückversicherer, der zur Unternehmensgruppe des Investors Warren Buffett gehört, sucht den Einstieg in den deutschen Industrieversicherungsmarkt und hat Gerling deshalb Kapazitäten angeboten – aber keine Kapitalbeteiligung.
„Wir verhandeln mit einer ganzen Reihe von Investoren und Interessenten über eine Kooperation“, sagte Jansli ausweichend. Mit Berkshire gebe es eine langjährige gute Zusammenarbeit.
Schweigsam blieb der Konzernchef auch auf Nachfragen nach den Namen künftiger Investoren bei der GKA. Im Markt ist die Rede von der Credit Suisse, vor allem aber einer Gruppierung aus der deutschen Industrie – unter ihnen Oetker, Bayer und BASF. Als Summen für den Einstieg werden 120 bis 150 Mio. Euro genannt. „Wer sich beteiligt, ist nicht entschieden“, betonte Jansli. Auch den Betrag wollte er nicht kommentieren.
„Es gibt prinzipiell drei Arten von Investoren, die sich für Gerling interessieren“, sagte Jansli. „Da sind einmal die Freunde der Gerling-Gruppe. Zweitens rechnen sich Industrieunternehmen aus, wie viel mehr sie an Versicherungsprämien zahlen müssen, wenn die Gerling-Kapazität nicht mehr da ist. Da lohnt sich eine Beteiligung sehr leicht. Drittens gibt es Private-Equity-Investoren.“
Mit der Rekapitalisierung der GKA muss sich der Konzern beeilen. Das Unternehmen leidet unter seinem schlechten Rating von „BB+“ durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P). Das macht es für viele Industrieunternehmen und Makler unmöglich, Geschäft an Gerling zu geben.
In zahlreichen Fällen schließt ihre Manager-Haftpflichtversicherung jede Deckung aus, wenn sie Geschäft bei einem schlecht gerateten Versicherer platzieren, der bei einem Großschaden womöglich nicht zahlen kann. Das Risiko, dann persönlich für die Fehlentscheidung haftbar gemacht zu werden, will kaum ein Manager in Kauf nehmen.
Gleichzeitig möchte die Großindustrie Gerling aber als Anbieter erhalten – die Konzerne fürchten ein Oligopol weniger Anbieter, vor allem von Allianz und HDI. Deshalb übt die Industrie heftigen Druck auf den Kölner Versicherer aus, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das Rating zu verbessern.
Heute will S&P über die künftige Einstufung der operativen Gesellschaften des Gerling-Konzerns beraten. Für das Kölner Unternehmen steht bei der Sitzung des so genannten Rating-Committees viel auf dem Spiel: Wenn S&P die Beurteilung nicht mindestens von „BB+“ auf „BBB“ verbessert, wird die GKA in den anstehenden Vertragsverhandlungen mit der Industrie kaum Chancen haben – und damit ihr Hauptgeschäftsfeld verlieren.
Jansli ist zuversichtlich, was die heutige Entscheidung angeht. „Ich hoffe sehr, dass wir ein besseres Rating bekommen“, sagte er. Dazu trage auch die geplante Rekapitalisierung bei, die mit den Rating-Agenturen besprochen wurde. Grund zur Hoffnung gibt ihm weiter die Tatsache, dass der Konzern vor dem hessischen Verwaltungsgerichtshof das Recht erstritten hat, seinen Rückversicherer GGR an den Manager Achim Kann zu verkaufen. Die ungeklärte Zukunft des Rückversicherers war ein Grund für das schlechte Rating durch S&P.
Jetzt kann Jansli die hoch defizitäre GGR aus der Konzernbilanz entfernen und die Überlebenschancen für die operativen Firmen GKA und Gerling-Konzern Leben verbessern. Die Finanzaufsicht BaFin hatte den Verkauf ursprünglich verboten, war damit aber in zwei Instanzen vor Gericht gescheitert.
Vollzogen hat Jansli den GGR-Deal mit Kann aber noch nicht. „Wir warten auf die Entscheidungen der Versicherungsaufsichtsbehörden in New York und London“, sagte Jansli. Die sollten sehr bald vorliegen.
Den profitablen Kreditversicherer Gerling NCM hat der Konzern bereits an Swiss Re und Deutsche Bank abgegeben. „Es bewegt sich alles in die richtige Richtung. Wir arbeiten Stück für Stück unsere Probleme ab“, sagte Jansli optimistisch. Die Gesamtsituation des Konzerns habe natürlich Einfluss auf das Geschäft.
„In der Lebensversicherung gab es im letzten Monat einen Rückgang im Neugeschäft, nachdem wir in den Monaten davor gut gewachsen sind“, sagte Jansli. „Ich will nicht abstreiten, dass dies mit unserer Gesamtsituation zu tun hat.“
Bild(er):
NCM und Globale Rück sind schon verkauft – Investoren und besseres Rating fehlen aber noch – Andreas Pohlmann.
Quelle: Financial Times Deutschland
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