Lloyd’s of London greift in Deutschland an

Britischer Versicherungsmarkt setzt auf finanzielle Stärke und guten Namen · FTD-Interview mit Lord Levene

Von Herbert Fromme, Monte Carlo Der Versicherungsmarkt Lloyd’s of London unternimmt einen neuen Anlauf, seine Präsenz in Deutschland deutlich zu verstärken. „Wir haben uns in der Vergangenheit nicht ausreichend um Deutschland gekümmert“, sagte Lord Levene of Portsoken, Vorsitzender des ältesten Versicherungsmarktes der Welt, im Interview mit der FTD. „Jetzt ist genau die richtige Zeit. Lloyd’s ist sehr stark, und in Deutschland gibt es Bedarf.“

In den kommenden Monaten will Levene vor allem die Versicherungseinkäufer großer Unternehmen und Makler ansprechen. Außerdem soll das Frankfurter Lloyd’s-Büro ausgebaut werden. „Viele Unternehmen wissen gar nicht, welche Spezialdeckungen wir ihnen bieten können.“

Lloyd’s habe eine gute Marktposition in den USA erobert. Von dort kommen knapp 40 Prozent des Geschäfts, sagte Levene. „In Frankreich haben wir in den letzten zwei Jahren viel getan und unser Volumen auf 500 Mio. Euro verdoppelt.“ Aus Deutschland entfalle eine ähnliche Summe. Allerdings habe es nur geringe Steigerungen gegeben.

Levene will die Bekanntheit des Namens Lloyd’s nutzen. „Außerdem werden wir betonen, dass Lloyd’s seit 300 Jahren noch keinen einzigen berechtigen Versicherungsanspruch nicht bezahlt hat.“ „Wir sind wohl zurzeit so kräftig wie nie zuvor“, sagte Levene weiter. Der Markt habe 14,4 Mrd. £ Versicherungskapazität – 2 Mrd. £ mehr als im Vorjahr. Im vergangenen Jahr seien 834 Mio. £ Gewinn erwirtschaftet worden. 2001 hatten die Terroranschläge in New York den Markt erschüttert und Lloyd’s 3,1 Mrd. £ Verlust beschert.

Lloyd’s ist kein Versicherungsunternehmen, sondern ein Markt, in dem verschiedene Syndikate im Auftrag von Investoren Risiken zeichnen. Jahrhundertelang waren reiche Privatleute unter sich, heute stellen institutionelle Investoren 87 Prozent der Kapitalkraft – wie die Münchener Rück, US-Investorenlegende Warren Buffett und Rückversicherer mit Sitz auf den Bermudas. Nur 13 Prozent kommen von „Names“, den Privatinvestoren.

„Wegen seiner Struktur musste Lloyd’s Probleme immer viel früher offen legen. Deshalb hatten wir vor zehn Jahren die großen Probleme mit Asbestfällen und anderen Haftpflichtdeckungen“, sagte Levene. Heute würden auch einige der berühmtesten Namen in der Rückversicherung getroffen. „Wir haben das schon hinter uns. Wir kommen weit vor den anderen aus dem Tunnel.“

Lloyd’s erzielte 2002 eine Schaden-und Kostenquote von 98,6 Prozent der Beiträge. Das sei eines der besten Ergebnisse auf dem Weltmarkt, sagte Levene. Wenn es zu einem Nachgeben der Weltmarktpreise für große Risiken komme, werde Lloyd’s sich nicht über zu hohe Prämien aus dem Markt herausschießen. „Aber wir werden kein verlustbringendes Geschäft akzeptieren.“

Lloyd’s habe auch intern sein Haus in Ordnung gebracht, sagte Levene. Der Markt hat traditionell mit einer dreijährigen Verzögerung seine Zahlen vorgelegt. Das hatte gute Gründe – erst dann liegen in der Rückversicherung alle Schadensmeldungen vor -, führte aber zu großer Intransparenz. Jetzt veröffentlicht Lloyd’s parallel Jahreszahlen und wird demnächst ganz darauf umstellen.

Zitat:

„Wir kommen weit vor den anderen aus dem Tunnel“ – Lord Levene, Vorsitzender Lloyd’s of London

Bild(er):

Lloyd’s-Zentrale im Londoner Bankenviertel. Das britische Traditionsunternehmen will in nächster Zeit seine Präsenz in Deutschland ausbauen – Ipon/Stefan Boness; FT/Ashley Ashwood.

Quelle: Financial Times Deutschland

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