Rechtsschutz wird in den nächsten Jahren deutlich teurer
Von Ilse Schlingensiepen, Berlin Die Rechtsschutzversicherer dringen auf gesetzliche Regelungen, nach denen sie ihre Versicherten selbst juristisch beraten dürfen. Bislang ist das Anwälten vorbehalten. „In keinem anderen Staat der Europäischen Union wird der Anwaltschaft ein vergleichbares Dienstleistungsmonopol in der Rechtsberatung garantiert „, sagte Reinhold Gleichmann, Vorsitzender des Rechtsschutz-Fachausschusses des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gestern in Berlin.
Der Lobby-Verband hat bislang aber schlechtere Karten als seine Gegenspieler aus der Anwaltschaft: Zwar plant Bundesjustizministerin Brigitte Zypries die Novellierung des Rechtsberatungsgesetzes von 1935. Rechtsberatung durch Rechtsschutzversicherer lehnt sie aber bis dato ab. Zypries wird auf dem Juristentag im September einen Diskussionsentwurf für das Rechtsberatungsgesetz vorstellen. Einen weiteren Zeitplan gibt es noch nicht.
Mit der Rechtsberatung im eigenen Haus wollen die Versicherer die Kunden an sich binden, sie gezielter durch das Rechtssystem steuern und damit die anstehende Gebührenerhöhung der Anwälte abfedern. Die Branche kämpft gegen einen schrumpfenden Markt. Zur Zeit haben rund 43 Prozent aller Haushalte eine Rechtsschutzpolice, Ende der 90er Jahre waren es noch 50 Prozent.
Ab dem 1. Juli muss sich die Branche zudem auf höhere Kosten einstellen: Nach dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz steigen die Gebühren für Anwälte und Gerichte. Die Versicherer gehen von einem Zuwachs um 21 Prozent aus, das Justizministerium rechnet mit 14 Prozent.
Für die Branche sind die Folgen noch unklar: Zwar würden ihre Policen notwendiger denn je, hoffen die Versicherer. Andererseits schreckten die gestiegenen Preise. Für Bestandskunden steigen die Prämien stufenweise, der größte Schub stehe im Oktober 2006 bevor, sagte Gleichmann, der im Hauptberuf Vorstand der DAS ist. „Wir rechnen mit einer Anhebung der Prämien im Bestand um 15 bis 20 Prozent über drei bis vier Jahre“, sagte ein Sprecher der Arag.
Die Versicherer wollen, dass sich Verbraucher künftig an verschiedenen Stellen Rat holen können, wenn es nicht um die Vertretung vor Gericht geht. Voraussetzung: Die Berater müssen Volljuristen mit dem zweiten juristischen Staatsexamen sein. Das könnten, so Gleichmann, auch die Juristen der Rechtsschutzversicherer oder von ihnen beauftragte Anwälte sein. Den Vorwurf, die Unternehmen würden nur in ihrem eigenen Interesse beraten, wies er zurück. „Kein Versicherer könnte im Wettbewerb bestehen, wenn sich herumspreche, dass die Beratung nicht im Sinne des Kunden ausfällt“, sagte Gleichmann. Die gut 50 Rechtsschutzversicherer gehen für dieses Jahr von Prämieneinnahmen in Höhe von 2,9 Mrd. Euro aus, das wäre ein Zuwachs von 4 Prozent. Für Schäden werden sie mit 2,2 Mrd. Euro voraussichtlich 7 Prozent mehr ausgeben als 2003.
Quelle: Financial Times Deutschland
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