Gericht stärkt BaFin bei Versicherern

Grundsatzurteil zur Abberufung von Vorständen · Bruderhilfe-Chef scheitert mit Klage

Von Herbert Fromme, Köln Vorstandsmitglieder von Versicherungen sind nicht nur für ihr Ressort verantwortlich, sondern für die gesamte Vorstandstätigkeit. Kommen sie dieser Aufgabe nicht nach und gerät das Unternehmen in ernste Schwierigkeiten, begehen sie eine Pflichtverletzung und können von der Aufsicht BaFin abberufen werden. Dabei gelten auch für Vorstände von Versicherungsvereinen die strikten Vorschriften des Aktienrechts.

Das geht aus einem Grundsatzurteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main hervor (Aktenzeichen 1 E 7363/03), das für alle Klagen gegen die BaFin zuständig ist. „Die Vorstandsmitglieder dürfen … nicht nur ihre eigenen Geschäftsbereiche verfolgen, sondern sie führen diese Geschäfte auch mit Wirkung für den Gesamtvorstand und unter der Aufsicht der anderen Vorstandsmitglieder“, begründet das Gericht.

Damit ist der Versicherungsmanager Michael Wendler mit seiner Klage gegen die BaFin gescheitert. Wendler war früher Vorstandschef der Bruderhilfe Sachversicherung und Controlling-Vorstand der Familienfürsorge Lebensversicherung sowie der Pax Familienfürsorge Krankenversicherung. Alle drei arbeiteten vor allem im kirchlichen Bereich.

Im Juni 2002 entdeckte die BaFin bei einer Prüfung ein Loch von 93 Mio. Euro in der Bilanz der kleinen Familienfürsorge Leben – Verluste aus Aktienengagements, die sich in nur sechs Monaten fast verdoppelt hatten. Die Finanzaufsicht ernannte einen Sonderbeauftragten und entmachtete damit den Vorstand. Später übernahm die HUK Coburg das Geschäft.

Im Dezember 2002 verlangte die BaFin per Bescheid auch von den Aufsichtsräten des Sachversicherers Bruderhilfe und der Pax Kranken die Abberufung Wendlers als Vorstand. Beide Gremien fügten sich, Wendler verlor die Posten. Die BaFin begründete den Schritt damit, dass der Manager nicht den gesetzlichen Anforderungen an die fachliche Eignung von Vorständen genüge. Bei dem Lebensversicherer sei eine existenzgefährdende Lage eingetreten, diese Schieflage sei maßgeblich auch auf fachliche Mängel im Bereich Controlling zurückzuführen.

Wendler erklärte dagegen in seiner Klage, er habe seine Verantwortung als Controller „durchgängig aktiv wahrgenommen“ und sich mit „eindeutigen Warnungen gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat“ des Lebensversicherers zu Wort gemeldet. Für den Bereich Kapitalanlagen und damit für die Schieflage sei ein anderer Vorstand zuständig. Auch seine ressortübergreifende Aufsichtspflicht habe er nicht verletzt. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass er auf seine Nachfragen zu Absicherungsmaßnahmen informiert würde.

Das sieht das Frankfurter Gericht anders. Die Abberufung sei sowohl wegen der Pflichtverletzung als Controller als auch bezüglich der Gesamtverantwortung des Vorstands rechtmäßig. Vorstände müssten bereit und fachlich in der Lage sein, sich gegenseitig „eher mehr als weniger“ zu kontrollieren. Die in der Literatur vertretene Meinung, bei Versicherungsvereinen müssten „weichere Kriterien“ an die Vorstände angelegt werden, verwarfen die Richter.

Zitat:

„Vorstände müssen sich eher mehr als weniger kontrollieren“ – Verwaltungsgericht Frankfurt

Quelle: Financial Times Deutschland

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