US-Versicherer AIG bestätigt Bilanzfälschung

Die American International Group (AIG) hat Bilanzmanipulationen eingeräumt. Der nach Börsenkapitalisierung größte Versicherer der Welt teilte gestern mit, zwei Transaktionen mit dem Rückversicherer Gen Re aus den Jahren 2000 und 2001 seien „unzulässig verbucht“ worden. „Diese Transaktionen hätten nicht als Versicherungsgeschäfte gebucht werden dürfen, weil kein Risikotransfer stattfand“, teilte der Konzern mit.
Damit hat AIG erstmals die Vorwürfe der US-Behörden bestätigt. Gleichzeitig verschob der Konzern die heute fällige Veröffentlichung der Quartalsergebnisse erneut, diesmal auf den 30. April.
Das Eingeständnis kommt nur einen Tag nach dem endgültigen Rückzug von Maurice Greenberg. Der langjährige AIG-Vorstandschef hatte wegen seiner direkten Beteiligung an den nun aufgedeckten Bilanzmanipulationen nach 38 Jahren den Posten abgeben müssen. Den Stein ins Rollen gebracht hatte der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer, auch die Börsenaufsicht SEC und das US-Justizministerium schalteten sich ein.
Kredit als Einnahmen getarnt
Die Untersuchung konzentrierte sich auf zwei Transaktionen mit Gen Re. Dabei lieh sich AIG Geld von Gen Re, tarnte sie aber als Einnahmen aus Versicherungsgeschäften. Damit konnte AIG die Schadensreserven besser aussehen lassen, als sie waren – und so den Unmut von Analysten und Anlegern abwenden, die auf diese Rückstellungen achteten. Dadurch wurden die Finanzmärkte getäuscht. Die Aktie reagierte gestern mit recht mäßigen Abschlägen. Das Tagestief lag 2,5 Prozent unter Vortageskurs. Allerdings hatte das Papier in den letzten sechs Wochen 27 Prozent verloren.
Analysten sind entsetzt. „Das ist richtig schlecht“, sagt David Schiff, ein langjähriger Branchenkenner. Schiff hat schon vor Jahren AIG Bilanzkosmetik vorgeworfen. Die Gefahr, dass sich aus den Vorgängen ein zweites Enron oder Worldcom entwickle, sei aber gering. „AIG verfügt weiterhin über enorme Finanzkraft.“
Spitzer lobt Buffett
Gen Re gehört zu Berkshire Hathaway, dem Imperium des Großinvestors Warren Buffett. Wie viel Buffett, der als engagierter Anlegerschützer gilt, von den umstrittenen Vorgängen gewusst hat, ist bisher nicht klar. Berkshire bestreitet eine Mitwisserschaft Buffetts. Spitzer wird Buffett am 11. April vernehmen. Ein Sprecher von Spitzer lobte gestern Buffett: „Er war sehr kooperativ, und wir begrüßen das.“
Gegen fünf Mitarbeiter der Gen Re hatte die australische Finanzaufsicht schon 2004 ein Berufsverbot wegen ähnlicher illegaler Geschäfte erlassen. Ein Zentrum für Finanzrückversicherung ist Dublin, wo die meisten großen Gesellschaften Töchter haben – auch Gen Re, die in Deutschland über ihre Konzerngesellschaft Kölnische Rück arbeitet. New Yorks Staatsanwalt Spitzer war in der vergangenen Woche in Dublin.

Quelle: Financial Times Deutschland

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