Beim Versicherungskonzern Gothaer sorgt ein weiteres geplantes Sparprogramm für Unruhe. Unter dem Namen Vektor lässt Unternehmenschef Werner Görg eine Vorstudie zu möglichen Einsparungen in den Dienstleistungsbereichen anfertigen. Dazu gehören unter anderem Rechnungswesen, IT, allgemeine Verwaltung und Controlling.
Die Gewerkschaft Verdi behauptet, Görg habe als Ziel einen Stellenabbau von 20 Prozent bereits vorgegeben. Das würde auf deutlich über 100 Stellen hinauslaufen. Ein Unternehmenssprecher erklärte dagegen, die Vorstudie werde ergebnisoffen durchgeführt. „Alle denkbaren Szenarien hängen von den Ergebnissen ab“, sagte er. Genaueres könne man erst im Spätherbst sagen. „Dann wird über Maßnahmen entschieden.“
Derzeit sei die Gothaer trotz weitreichender Verbesserungen „kostenseitig noch nicht benchmarkfähig“, so der Sprecher. Ebenso wie die einzelnen Versicherungssparten müssten sich deshalb jetzt die Dienstleistungsfunktionen einer Überprüfung ihrer Effizienz stellen.
Mit einer Kostenquote von 31,3 Prozent der Beitragseinnahmen liegt der Schaden- und Unfallversicherer Gothaer Allgemeine deutlich über dem Marktschnitt von rund 27 Prozent. Auch bei anderen Konzernteilen sieht Unternehmenschef Görg Handlungsbedarf.
Dabei hat er den Konzern in den letzten Jahren bereits heftig durchgeschüttelt. Görg schloss über Nacht die Gothaer Kreditversicherung und die Gothaer Rück. Die Zahl der Niederlassungen bei der Gothaer Allgemeine wurde von acht auf fünf reduziert. Große Teile der Gothaer Leben lässt der Konzern gerade von Göttingen nach Köln verlagern. Das betrifft 300 der 1200 Göttinger Mitarbeiter.
In der Umsetzung knirscht es vernehmbar, gerade im Kundendienst. Das führte bereits zu Unmut bei Großkunden. Das Unternehmen spricht von Übergangsschwierigkeiten. Die Gothaer Leben hat unter anderem mit Lufthansa und Ikea Verträge für die Versicherung der Mitarbeiter.
Die Position der Gothaer Leben im sensiblen Geschäft mit der betrieblichen Altersversorgung gerät auch dadurch unter Druck, dass der Versicherer erneut die Stresstests der Finanzaufsicht BaFin nicht bestand.
Als Teil der Kostensenkung richtete der Konzern ein neues Callcenter in Köln mit mehr als 100 Beschäftigten außerhalb des Tarifvertrags ein – mit einer Regelarbeitszeit von 42 Stunden, vier Stunden mehr als in den übrigen Konzernteilen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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